Online-Reporter Michael Benter befragt Stephan Schneider, Fachkraft im Berufsbildungsbereich Faktor C
Du hattest früher einen eigenen Betrieb in der Werbetechnik-Branche. Was lief dort anders als bei uns in der Werkstatt?
Ich war zum Beispiel viel mehr unterwegs, bei Kunden, auf verschiedenen Baustellen, oft jeden Tag an einem anderen Arbeitsort.
In meinem Praktikum in der Werbetechnik entschrifteten wir in Berlin einen Transporter. Ich zerkratzte dabei mit dem Glasschaber ein wenig den Lack. Wäre mir das in Deiner alten Firma passiert, hätte ich dafür die Kündigung bekommen?
Nein, Micha, das hättest du nicht. Mit dem Wissen, dass du es zum ersten Mal machst, hätte ich es dir vielleicht besser erklären müssen. Wärst du darin erfahren gewesen, hättest du sicher eine Abmahnung bekommen.
Was ist das?
Eine Aufforderung, es nächstes Mal besser zu machen.
Von wann bis wann gab es Deinen Betrieb und wie viele Mitarbeiter hattest Du?
Meine Firma existierte von 1996 bis 2020. Ich betrieb sie zusammen mit einem Partner, dazu kam ein Lehrling.
Wie viele Aufträge hattet Ihr, mehr als in der Werkstatt?
Das kannst du nicht gut miteinander vergleichen. In der Werbetechnik unserer Werkstatt arbeiten viel mehr Menschen. Ich hatte damals weniger Aufträge, und sie waren anderer Art.
Welches war der anspruchsvollste Auftrag, den Du je erfülltest?
Einmal beschrifteten und montierten wir ein Werbepylon vor einem Einkaufszentrum in Neukölln. Der beidseitig beleuchtete Aufsteller war sechs Meter hoch, wir stellten ihn mit einem Kran auf. Da musste ich viele Gewerke koordinieren, von den Maurern für das Fundament über Elektriker bis zum Kranfahrer.
Hast Du auch an Wochenenden und Feiertagen gearbeitet? Wie viel Urlaub hattest Du?
Die Wochenenden hielt ich mir gern frei, um bei meiner Familie zu sein. Werktags arbeitete ich dafür oft sehr lange. Meist wurden es etwa zwei Wochen Urlaub mit der Familie.
Arbeiteten bei dir auch beeinträchtigte Menschen, oder nur die fittesten?
Ich hatte damals noch nichts mit beeinträchtigten Menschen zu tun, das kam erst in der Werkstatt.
Wie hättest Du reagiert, wenn unser Jobcoach Herr Pläp bei Dir angerufen hätte?
Ich hätte ihm zugehört und dann sicher darüber nachgedacht. Wir waren aber nur ein kleiner Betrieb und sehr auf den jeweiligen Auftrag konzentriert.
Wie kamst du auf die Idee, Fachkraft in der Werkstatt zu werden?
Als ich meine Selbständigkeit aufgeben wollte, recherchierte ich und sah: In der Caritas-Werkstatt gibts eine Abteilung Werbetechnik, da kann ich meine Erfahrung einbringen!
Warum gingst Du weg von der Werbetechnik? Ich war darüber sehr traurig.
Die Werkstattleitung suchte jemanden für den Berufsbildungs-Bereich, fragte mich und ich merkte: Das finde ich interessant! So nahm alles seinen Lauf.
Warum musst Du SPZ-Schulungen bei der GIBB machen?
Weil ich noch keine Erfahrungen im Umgang mit behinderten Menschen hatte, wollte ich mich mit den entsprechenden Methoden auseinandersetzen und das nötige Wissen erwerben. Das tue ich bis heute und freue mich nach wie vor, dass ich hier arbeiten kann.
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