Ver­gan­gen­heit ver­ste­hen!“ – War­um ich dank­bar bin

9. Dezember 2024 | Logbuch | 0 Kommentare

On­line-Re­por­te­rin Vio­la Scholz war Teil­neh­me­rin des Work­shops “Ver­gan­gen­heit ver­ste­hen” in der Ge­denk­stät­te Lin­den­stra­ße in Potsdam

Die Wür­de des Men­schen ist un­an­tast­bar!“, heißt es im 1949 ver­ab­schie­de­ten Grund­ge­setz, wel­ches bis heu­te gilt. Wir alle wis­sen, dass je­der ein­zel­ne Mensch auf die­ser Welt – ob krank, be­ein­träch­tigt oder kern­ge­sund – wert­voll ist! Das war nicht im­mer so.

Ei­ni­ge von uns hat­ten im März und Ok­to­ber das Glück, am Work­shop „Ver­gan­gen­heit ver­ste­hen!“ teil­zu­neh­men. In ihm hör­te ich erst­ma­lig von der Ge­denk­stät­te Lin­den­stra­ße in Pots­dam. Von 1934 bis 1944 saß hier das so­ge­nann­te Erb­ge­sund­heits­ge­richt. Auch wäh­rend der so­wje­ti­schen Be­set­zung und zu DDR-Zei­ten wur­de das Ge­bäu­de als Ge­richt und Ge­fäng­nis ge­nutzt. Heu­te ist es ein Ort der Er­in­ne­rung, an dem man Zeit­zeu­gen zu­hö­ren darf. Am 21. Ok­to­ber 2024 fuh­ren wir im Rah­men je­nes Work­shops dorthin.

Mit der Macht­er­grei­fung der NSDAP im Jahr 1933 wur­de aus ei­ner De­mo­kra­tie eine Dik­ta­tur ohne jede Mit­be­stim­mung. Am 1. Ja­nu­ar 1934 er­lie­ßen die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten das so­ge­nann­te Erb­ge­sund­heits­ge­setz, wel­ches sie in je­nem Haus in der Pots­da­mer In­nen­stadt tau­send­fach zur An­wen­dung brach­ten. An­hand zahl­rei­cher auf­ge­fun­de­ner und dort aus­ge­stell­ter Do­ku­men­te konn­ten wir nach­emp­fin­den, was hier Men­schen an­ge­tan wurde.

Wir wis­sen, dass es Be­ein­träch­ti­gun­gen und Krank­hei­ten gibt, die ver­erb­bar sind. Die Na­zis aber nann­ten auch vie­le Men­schen erb­krank, de­ren Lei­den kein biss­chen mit Ver­er­bung zu tun hat­ten: Men­schen mit psy­chi­scher Er­kran­kung, kör­per­li­cher oder geis­ti­ger Be­ein­träch­ti­gung (in be­sag­tem Ge­setz „Schwach­sinn“ ge­nannt), ge­nau wie Blin­de, Tau­be oder stark Alkoholabhängige.

Die Na­zis be­haup­te­ten, dass all die­se Men­schen, soll­ten sie sich fort­pflan­zen, die wert­vol­le deut­sche Ras­se in Ge­fahr bräch­ten. Das Erb­ge­sund­heits­ge­setz dien­te ih­nen dazu, Frau­en und Män­ner, Mäd­chen und Jungs egal wel­chen Al­ters ei­ner Zwangs­ste­ri­li­sa­ti­on zu un­ter­zie­hen. Ih­res an­geb­lich schlech­ten Erb­gu­tes we­gen wur­den Tau­sen­de ohne ihr Wis­sen ope­riert und/oder er­mor­det. Wir alle wä­ren ih­nen nichts wert gewesen!

Erst seit 1998 ist das Erb­ge­sund­heits­ge­setz voll­stän­dig au­ßer Kraft ge­setzt, ha­ben bei uns alle Men­schen das glei­che Recht, Kin­der zu be­kom­men. Ich per­sön­lich bin sehr dank­bar, dass es die­ses Ge­setz nicht mehr gibt. Nach ihm fie­le auch ich in je­nes Ras­ter der Wert­lo­sig­keit und mei­ne tol­len Kin­der wie En­kel­kin­der wä­ren nie geboren.

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