Mit Spaß und Stolz bei der Arbeit
In der Caritas-Werkstatt St Johannesberg öffneten sich gestern alle Türen
Oranienburg | “Unsere Arbeit soll doch auch Spaß machen”, lächelt Thomas Schneider. In der Holzverarbeitung des St. Johannesberg hat er für sich das Richtige gefunden. Und gern zeigt er jedem Besucher, wo sein Arbeitsplatz ist. Auf dem Weg quer durch die Werkstatt zieht Thomas Schneider ein wenig sein Bein nach. “Meine ganze linke Seite funktioniert nicht so richtig”, erzählt er. Aber das ist jetzt nicht wichtig, jetzt erklärt er lieber, was mit den Brettern und Leisten alles passieren muss, damit daraus ein Holzrubbel entsteht. “Die bauen wir für den Tourismusverein”, meint Schneider. “Oranienburger Futterkiste” heißt das Projekt.
Thomas Schneider kann jede Maschine in der Holzwerkstatt erklären. Die Fräse, die Hobelbank, die große Säge. “Ich gehe auch an alle Maschinen ran”, sagt er mit gewichtiger Miene. Thomas Schneider ist so etwas wie die rechte Hand des Werkstattleiters. “So richtig schwere Sachen kann ich nicht machen, aber das hier macht mir richtig Spaß”, meint Schneider und zeigt auf eine selbstgebaute Vorrichtung. “Das haben wir uns selber ausgedacht.” Im Handumdrehen legt er die einzelnen Teile in die Vorrichtung, jedes Brett, jede Leiste sitzt millimetergenau. Schließlich soll es nicht ewig dauern, bis eine Futterkiste fertig ist. “Ja, da staunen manchmal kerngesunde Leute, was wir so können.” Viele würden sich vorstellen, die in der Behindertenwerkstatt, die sitzen mit verschränkten Armen da und warten, bis der Tag rumgeht.
Thomas Schneider ist einer der Beschäftigten in der Caritas-Werkstatt St. Johannesberg, der relativ selbstständig ist. Jeden Tag kommt er aus Liebenwalde mit seinem eigenen Auto nach Oranienburg. Bei der Frage nach seinem Alter verdreht er die Augen. “49 bin ich, aber normalerweise sage ich immer 25”, schaut er verschmitzt. Seit zehn Jahren ist er verheiratet und hat ein Kind. Gelernt hat Thomas Schneider Elektromonteur, sattelte dann um zum Gärtner. Doch auf dem ersten Arbeitsmarkt hatte er mit seiner motorischen Beeinträchtigung keine Chance. Vor dreieinhalb Jahren kam er zum Johannesberg. Ein Jahr lang war er zur Arbeitserprobung in den Abteilungen unterwegs, bis genau der richtige Job in der Holzverarbeitung für ihn gefunden wurde.
Jeden Tag von Neuern kommt er gern in die Werkstatt. Da läuft der Tag irgendwie immer fröhlich ab. “Bedauern hilft doch nicht, da sitzt man nur in der Ecke rum”, findet der 49-Jährige. Und am meisten spornt es ihn an, wenn seine Kollegen etwas von ihm wollen. “Der Mike mit dem Rollstuhl, der ist immer bei mir.” Und auch mit Robert er gern zusammen. Für die beiden denkt er sich immer wieder Ideen aus, damit die zwei auch Aufgaben bekommen, die sie packen können. Eigentlich hätte das schon ein bisschen was mit Freundschaft zu tun. “Die fragen mich auch mal was Privates.” Gestern blieb aber für solche Gespräche keine Zeit. Thomas Schneider hatte nur zu tun, den vielen Besuchern im St. Johannesberg zu zeigen, was alles in der Werkstatt entsteht: die Bienenbeuten, die Vogelhäuschen mit der Futterdosierung und die Kartoffelrubbel für den Tourismusverein. Zum “Tag der offenen Tür” herrschte gestern in sämtlichen Werkstattabteilungen eine Menge Trubel. Freunde der Einrichtung, Bekannte und Verwandte der Beschäftigten und Geschäftskunden der Werkstätten drängelten sich durch die Gänge. In der Siebdruckabteilung bekamen alle Besucher ein extra angefertigtes Geschenkpapier überreicht. Den Förderbereich steuerten besonders die jungen Besucher an. Dort durften sie nach Herzenslust Kerzen ziehen. Die Agentur “Faktor C” beschriftete mit modernster Lasertechnik Kugelschreiber. Und im Gemeinschaftsraum war wie in jedem Jahr ein Markt mit weihnachtlichen Geschenken aufgebaut. Die Beschäftigten in den Werkstattbereichen hatten gestern jedenfalls viel zu erzählen. Und wer den Tag gestern verpasst hat, kann zum Auguste-Markt vorm Schloss am zweiten Adventswochenende die Stände der Caritas besuchen.
Die Caritas-Werkstatt in Oranienburg
Die Caritas-Werkstatt in Oranienburg ist ein modernes Fertigungs- und Dienstleistungsunternehmen und erhält Aufträge von Privatpersonen, Handwerksbetrieben und Industrieunternehmen wie Orafol.
Im St. johannesberg sind 420 Menschen mit Behinderungen beschäftigt. 340 von ihnen arbeiten in den verschiedenen Produktionsabteilungen, 26 im Förderbereich und 55 in der Berufsbildung. Weitere Unternehmensteile: die Agentur “Faktor C” und Cantina.
Vor einem Jahr wurde die Abteilung Holzverarbeitung aufgebaut. lnzwischen sind 80 Bienenbeuten für Imker in der Umgebung gefertigt worden. Der neueste Auftrag ist ein Holzrubbel (ähnlich einer Kiepe) für die Oranienburger Futterkiste, ein Präsentkorb mit regionalen Produkten des Tourismusvereins.