Mit Spaß und Stolz bei der Arbeit

29. Nov 2014 | Pres­se, Pres­se 2014 | 0 Kom­men­ta­re

Von An­drea Ka­thert | Mär­ki­sche All­ge­mei­ne Zeitung

In der Ca­ri­tas-Werk­statt St Jo­han­nes­berg öff­ne­ten sich ges­tern alle Türen

Ora­ni­en­burg | “Un­se­re Ar­beit soll doch auch Spaß ma­chen”, lä­chelt Tho­mas Schnei­der. In der Holz­ver­ar­bei­tung des St. Jo­han­nes­berg hat er für sich das Rich­ti­ge ge­fun­den. Und gern zeigt er je­dem Be­su­cher, wo sein Ar­beits­platz ist. Auf dem Weg quer durch die Werk­statt zieht Tho­mas Schnei­der ein we­nig sein Bein nach. “Mei­ne gan­ze lin­ke Sei­te funk­tio­niert nicht so rich­tig”, er­zählt er. Aber das ist jetzt nicht wich­tig, jetzt er­klärt er lie­ber, was mit den Bret­tern und Leis­ten al­les pas­sie­ren muss, da­mit dar­aus ein Holz­rub­bel ent­steht. “Die bau­en wir für den Tou­ris­mus­ver­ein”, meint Schnei­der. “Ora­ni­en­bur­ger Fut­ter­kis­te” heißt das Projekt.

Tho­mas Schnei­der kann jede Ma­schi­ne in der Holz­werk­statt er­klä­ren. Die Frä­se, die Ho­bel­bank, die gro­ße Säge. “Ich gehe auch an alle Ma­schi­nen ran”, sagt er mit ge­wich­ti­ger Mie­ne. Tho­mas Schnei­der ist so et­was wie die rech­te Hand des Werk­statt­lei­ters. “So rich­tig schwe­re Sa­chen kann ich nicht ma­chen, aber das hier macht mir rich­tig Spaß”, meint Schnei­der und zeigt auf eine selbst­ge­bau­te Vor­rich­tung. “Das ha­ben wir uns sel­ber aus­ge­dacht.” Im Hand­um­dre­hen legt er die ein­zel­nen Tei­le in die Vor­rich­tung, je­des Brett, jede Leis­te sitzt mil­li­me­ter­ge­nau. Schließ­lich soll es nicht ewig dau­ern, bis eine Fut­ter­kis­te fer­tig ist. “Ja, da stau­nen manch­mal kern­ge­sun­de Leu­te, was wir so kön­nen.” Vie­le wür­den sich vor­stel­len, die in der Be­hin­der­ten­werk­statt, die sit­zen mit ver­schränk­ten Ar­men da und war­ten, bis der Tag rumgeht.

Tho­mas Schnei­der ist ei­ner der Be­schäf­tig­ten in der Ca­ri­tas-Werk­statt St. Jo­han­nes­berg, der re­la­tiv selbst­stän­dig ist. Je­den Tag kommt er aus Lie­ben­wal­de mit sei­nem ei­ge­nen Auto nach Ora­ni­en­burg. Bei der Fra­ge nach sei­nem Al­ter ver­dreht er die Au­gen. “49 bin ich, aber nor­ma­ler­wei­se sage ich im­mer 25”, schaut er ver­schmitzt. Seit zehn Jah­ren ist er ver­hei­ra­tet und hat ein Kind. Ge­lernt hat Tho­mas Schnei­der Elek­tro­mon­teur, sat­tel­te dann um zum Gärt­ner. Doch auf dem ers­ten Ar­beits­markt hat­te er mit sei­ner mo­to­ri­schen Be­ein­träch­ti­gung kei­ne Chan­ce. Vor drei­ein­halb Jah­ren kam er zum Jo­han­nes­berg. Ein Jahr lang war er zur Ar­beits­er­pro­bung in den Ab­tei­lun­gen un­ter­wegs, bis ge­nau der rich­ti­ge Job in der Holz­ver­ar­bei­tung für ihn ge­fun­den wurde.

Je­den Tag von Neu­ern kommt er gern in die Werk­statt. Da läuft der Tag ir­gend­wie im­mer fröh­lich ab. “Be­dau­ern hilft doch nicht, da sitzt man nur in der Ecke rum”, fin­det der 49-Jäh­ri­ge. Und am meis­ten spornt es ihn an, wenn sei­ne Kol­le­gen et­was von ihm wol­len. “Der Mike mit dem Roll­stuhl, der ist im­mer bei mir.” Und auch mit Ro­bert er gern zu­sam­men. Für die bei­den denkt er sich im­mer wie­der Ideen aus, da­mit die zwei auch Auf­ga­ben be­kom­men, die sie pa­cken kön­nen. Ei­gent­lich hät­te das schon ein biss­chen was mit Freund­schaft zu tun. “Die fra­gen mich auch mal was Pri­va­tes.” Ges­tern blieb aber für sol­che Ge­sprä­che kei­ne Zeit. Tho­mas Schnei­der hat­te nur zu tun, den vie­len Be­su­chern im St. Jo­han­nes­berg zu zei­gen, was al­les in der Werk­statt ent­steht: die Bie­nen­beu­ten, die Vo­gel­häus­chen mit der Fut­ter­do­sie­rung und die Kar­tof­fel­rub­bel für den Tou­ris­mus­ver­ein. Zum “Tag der of­fe­nen Tür” herrsch­te ges­tern in sämt­li­chen Werk­statt­ab­tei­lun­gen eine Men­ge Tru­bel. Freun­de der Ein­rich­tung, Be­kann­te und Ver­wand­te der Be­schäf­tig­ten und Ge­schäfts­kun­den der Werk­stät­ten drän­gel­ten sich durch die Gän­ge. In der Sieb­druck­ab­tei­lung be­ka­men alle Be­su­cher ein ex­tra an­ge­fer­tig­tes Ge­schenk­pa­pier über­reicht. Den För­der­be­reich steu­er­ten be­son­ders die jun­gen Be­su­cher an. Dort durf­ten sie nach Her­zens­lust Ker­zen zie­hen. Die Agen­tur “Fak­tor C” be­schrif­te­te mit mo­derns­ter La­ser­tech­nik Ku­gel­schrei­ber. Und im Ge­mein­schafts­raum war wie in je­dem Jahr ein Markt mit weih­nacht­li­chen Ge­schen­ken auf­ge­baut. Die Be­schäf­tig­ten in den Werk­statt­be­rei­chen hat­ten ges­tern je­den­falls viel zu er­zäh­len. Und wer den Tag ges­tern ver­passt hat, kann zum Au­gus­te-Markt vorm Schloss am zwei­ten Ad­vents­wo­chen­en­de die Stän­de der Ca­ri­tas besuchen.

Die Ca­ri­tas-Werk­statt in Oranienburg

Die Ca­ri­tas-Werk­statt in Ora­ni­en­burg ist ein mo­der­nes Fer­ti­gungs- und Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men und er­hält Auf­trä­ge von Pri­vat­per­so­nen, Hand­werks­be­trie­ben und In­dus­trie­un­ter­neh­men wie Orafol.

Im St. jo­han­nes­berg sind 420 Men­schen mit Be­hin­de­run­gen be­schäf­tigt. 340 von ih­nen ar­bei­ten in den ver­schie­de­nen Pro­duk­ti­ons­ab­tei­lun­gen, 26 im För­der­be­reich und 55 in der Be­rufs­bil­dung. Wei­te­re Un­ter­neh­mens­tei­le: die Agen­tur “Fak­tor C” und Cantina.

Vor ei­nem Jahr wur­de die Ab­tei­lung Holz­ver­ar­bei­tung auf­ge­baut. ln­zwi­schen sind 80 Bie­nen­beu­ten für Im­ker in der Um­ge­bung ge­fer­tigt wor­den. Der neu­es­te Auf­trag ist ein Holz­rub­bel (ähn­lich ei­ner Kie­pe) für die Ora­ni­en­bur­ger Fut­ter­kis­te, ein Prä­sent­korb mit re­gio­na­len Pro­duk­ten des Tourismusvereins.