Fast wieder Normalbetrieb
Von Klaus D. Grote | Oranienburger Generalanzeiger
Die Heimarbeit wurde beendet, der Johannesberg wird von den Gärtnern umgestaltet und die Fahrradwerkstatt baut eine Fahrradflotte auf.
Am Johannesberg hat sich einiges geändert. Wer die Berliner Straße entlang fährt, bemerkt sofort den nun freien Blick auf die Johannes-Kapelle. Einige Tannen und Sträucher sind verschwunden, dafür ist der Backsteinbau nun gut zu sehen. “Davor entsteht eine Wildblumenwiese”, sagt Philipp Focking, Leiter des Grünbereichs der Caritas-Werkstatt. Mit der Neugestaltung solle das Gelände näher an die Stadt heranrücken, erklärt Werkstattleiter Christoph Lau.
Die Gärtnerinnen und Gärtner hatten in den vergangenen Wochen viel zu tun. Dabei gab es auch für alle Arbeitsbereiche der Caritas-Werkstatt eine mehr als achtwöchige Zwangspause. Die pandemiebedingte Schließung der Bereiche hat für noch mehr Veränderungen gesorgt. Viele Beschäftigte erledigten ihre Tätigkeit in Heimarbeit. “Mir wurde die Arbeit nach Hause gebracht”, sagt Katrin Töpel, die in der Werbemittelfertigung Farbkarten für Orafol klebt. Kunden können auf solchen Karten die gewünschte Farbe für Folien wählen. Die Arbeit ließ sich auch im Wohnzimmer erledigen, doch sie habe ihre Kollegen in der Zeit sehr vermisst, sagt Katrin Töpel. Viel schlimmer sei für sie jedoch gewesen, dass sie ihre Mutter nicht sehen konnte. Inzwischen sei aber “alles wieder gut”.
Insgesamt 400 Beschäftigte zählt die Caritas-Werkstatt St. Johannesberg. Weil die meisten Beschäftigten wochenlang zu Hause oder in ihren Wohngruppen blieben mussten, wurden die hauptamtlich Beschäftigten als Betreuer eingesetzt, sagt Werkstattleiter Christoph Lau. Das sei weitgehend gut gelungen. Den Beteiligten ist anzumerken, dass sie stolz auf den reibungslosen Verlauf sind.
Für die 40 jungen Leute im Berufsbildungswerk wurden während der Werkstattschließung Bildungspakete geschnürt. Sie bekamen theoretische und praktische Übungen für zu Hause. “Wir haben außerdem ein E‑Learning aufgebaut”, sagt Bereichsleiter Mike Dessombes. Außerdem wurden Mund-Nase-Schutzmasken für das Krankenhaus und die Stadtverwaltung genäht.
Angelina Werner musste zu Hause zum Beispiel Kräuter bestimmen und zeichnen, Regenwürmer züchten und Fragebögen ausfüllen. Ihr habe das Spaß gemacht. Doch viel lieber ist die Auszubildende mit ihren Kolleginnen und Kollegen draußen tätig. Das Gelände vor der Kapelle wurde neu gestaltet. Der Grünbereich ist aber nicht nur am Johannesberg im Einsatz, sondern bekommt auch viele Aufträge, pflegt unter anderem die Grünanlagen bei Takeda und Gräber auf dem Friedhof.
Auch Michael “Paule” Benter musste sich während der Zwangsschließung der Werkstatt umstellen und das Werkzeug der Fahrradwerkstatt “Rad und Tat” aus der Hand legen. Stattdessen hat er zu Hause Etiketten auf Bleistiftanspitzer geklebt. Zusammen mit anderen Bewohnern seiner Wohngruppe mussten insgesamt 50.000 Anspitzer beklebt werden. Der 20-Jährige ist froh, nun wieder mit seinen Kollegen alte Fahrräder wieder flott zu machen. Dabei werden auch gebrauchte Rahmen verwendet, um schicke rote Caritas-Fahrräder mit weißen Schutzblechen zusammen zu bauen. Daraus entsteht eine Dienstflotte. Und vielleicht auch eine Mietradflotte.
Mieträder für Oranienburg
“Wir könnten uns vorstellen, Leihräder in Oranienburg anzubieten”, sagt Christoph Lau. Bisher gibt es dazu keine Angebote in der Stadt. Der Bürgermeister habe die Idee jedoch begrüßt. Schon mit der Planung des Fahrradparkhauses am Bahnhof war dort eine kleine Werkstatt als Service für Radfahrende sowie eine Fahrradvermietung angedacht. Umgesetzt wurde der Plan nicht. Lediglich eine aus dem Bürgerhaushalt finanzierte Handpumpe für Fahrradreifen wurde aufgestellt.
Zunächst aber ist Christoph Lau froh, dass fast alle Beschäftigten wieder zurück an ihren Arbeitsplätzen der Werkstätten sind. Die gewohnten Abläufe sind etwas eingeschränkt, “aber das nehmen wir gerne in Kauf, um uns vor größeren Einschränkungen zu schützen”, sagt Lau.