Samariter in Oberhavel
Samariter in Oberhavel
Von Sibylle Sterzik | Die Kirche
Eine Kirchenkreisrundfahrt führte zu diakonischen Einrichtungen in Zehdenick und Oranienburg
Witwe Bolte, Lehrer Lämpel und Max sitzen vorn auf drei Stühlen. Ihre Köpfe sind aus Pappe, die Kleidung echt. Heike Brendel, Leiterin der Familien- und Lebensberatungsstelle in Zehdenick bei Templin, stellt anhand dieser drei vor, mit welchen Problemen Menschen zur Beratung kommen. “Ich kann einfach nicht mehr”, sagt die Frau. “Wir streiten uns nur noch”, klagt der Mann. “Papa schreit immer gleich”, sagt ratlos der Junge. Heike Brendel führt durch die Beratungsräume im Klosterhof Zehdenick und erzählt von langen Wartelisten. Eine Mitarbeiterin begrüßt die Gäste mit einem Kräutertrank.
Die Beratungsstelle in Trägerschaft der Immanuel Diakonie ist eine von vier diakonischen Einrichtungen, die die 40 Teilnehmer auf der Rundfahrt des Kirchenkreises Oberes Havelland am 30. August besuchen. Jedes Jahr lädt der Kirchenkreis dazu Kreissynode, Gemeindekirchenräte und Kirchengemeinden ein. Die Rundfahrt mit dem Johanniterbus, die erstmals zu vier von 20 Mitgliedseinrichtungen des Diakonischen Werkes Oberhavel führt, will auch den Gemeinden zeigen, “welche enorme Kompetenz die Mitarbeiter in den diakonischen Einrichtungen haben, mit wie viel Liebe zu den Menschen sie arbeiten”, so Pfarrer und Reiseleiter Arndt Farack.
Im Annagarten, einer Einrichtung der Behindertenhilfe des Evangelischen Johannesstifts am Rande Oranienburgs, wohnen geistig behinderte Menschen in kleinen Häusern um einen Innenhof, finanziert durch Spenden aus Erbschaften. Das Konzept setzt auf größtmögliche Teilhabe, die Bewohner kochen und waschen selbst, soweit das möglich ist. Am 7. September wird hier eine Kulturscheune eröffnet. Ab 19 Uhr spielen die “Stout Scouts”. Weitere Konzerte sollen folgen. Leiter Andre Morawski will, dass “Leben auf das Gelände kommt”. Die benachbarte Biokräuterei Oberhavel wird hier drei Gewächshäuser bauen, in denen Bewohner mitarbeiten können.
Lichtmaschinen und Anlasser demontieren Menschen mit seelischen Behinderungen in der Caritas-Werkstatt St. Johannesberg im Oranienburger Gewerbegebiet. Andere arbeiten in der Werbemittelagentur “Faktor C”. “Ein Gruppenleiter in der Werkstatt ist hier auch für alle Sorgen und Nöte da, wie ein Vater”, erläutert Bereichsleiter Andre Kerkow. Die Werkstatt vermittelt berufliche Kenntnisse. Gearbeitet wird auch in der Kantine, Wäscherei, Gartenpflege oder Hauswirtschaft.
Zwei Einrichtungen der Altenhilfe, die Seniorenresidenz “Wasserschloss” und das Evangelische Seniorenzentrum “Elisabethstift” in Friedrichstal, beide in Trägerschaft von LAFIM, bilden den Schluss der Reise. Das Wasserschloss mit derzeit 52 Bewohnern beeindruckt durch einen riesigen Garten mit Tieren. Im Elisabethstift mit 38 Plätzen ist alles ebenerdig. Jeden Tag gibt es hier eine Andacht.
Psychologin Heike Brendel, Diakoniewissenschaftler Andreas Mende, Diakon Michael Weustenhagen, Pfarrer Jörg Berchner und Pfarrer Arndt Farack arbeiten im Vorstand des DW Oberhavel mit. Ehrenamtlich. Mit Geschäftsführerin Christina Hansen-Farack hoffen sie auf viele weitere Mitglieder im Diakonischen Werk. “Gemeinsam kann man sich viel besser unterstützen”, so Farack. Diakonie und Kirche gehören für ihn zusammen. “Man kann sich Kirche ohne Diakonie nicht vorstellen und Diakonie nicht ohne Gottes Wort.”
Kontakt DW OHV: Tel (03301) 54336