Teamwork an den Töpfen
Von Heike Bergt | Märkische Allgemeine Zeitung
Caritas: Wo ein Drücker von Rosa das schönste Kompliment für den Küchenchef ist
Oranienburg | Christoph Lau ging erst einmal kosten im Hotel Sommerfeld. Inkognito. Anschließend ließ er sich den Küchenchef kommen. „Der Mann ist es“, dachte der Leiter der Behindertenwerkstatt St. Johannesberg. Das ist jetzt ein reichliches Jahr her. Seitdem trägt Udo Jaeuthe weinrot und ist Küchenchef bei der Caritas in der Berliner Straße 93. Ein 22-köpfiges Team aus vier Gruppenleiterin und 18 Mitarbeitern entscheidet täglich, was bei rund 700 Menschen in den Werkstätten, in Kitas und Schulen der Stadt auf den Tisch kommt. Und vor allem, ob es schmeckt.
Für Udo Jaeuthe war dies ein Neubeginn als Meister. Der Unterschied wie Tag und Nacht. Um 4 Uhr klingelt nun der Wecker im Haus in Neuruppin. Ab 5.30 Uhr steht er in der Küche im St. Johannesberg. Dann geht es dort los mit Brötchen schmieren und Kaffee kochen für die Kantine. Gekocht wird dreimal: um 9.30, 10.30 und um 11 Uhr. Alles frisch, „die Standzeiten sollen kurzgehalten werden“. Und obwohl das Gesetz erst kommt, „kochen wir 70 Prozent unseres Essens laktose- und glutenfrei“. Diese Umstellung in einem Jahr geschafft zu haben, darauf ist Udo Jaeuthe schon stolz.
Früher stand der 53-Jährige eher spätabends an den Töpfen. Doch er hatte den Wechsel gesucht. Wollte irgendwie beruflich ankommen, sesshaft werden. Vor der Wende kochte der gebürtige Berliner im Friedrichstadtpalast, später im Berliner Interconti, dann an der Ostsee in Binz. Zwischendurch bereiste er immer wieder die Welt. Reisen, das hieß für ihn, stets die Kochtöpfe der Welt zu erkunden, ob in Mexiko, Südafrika, in Italien oder Tirol. Oft war er lange unterwegs: „Und wenn das Geld alle war, hab ich einfach gearbeitet.“
Mit dem neuen Job habe er auch eine neue Einstellung zum Leben, zur Arbeit gesucht. Seit einem schweren Unfall bedeute ihm Geld nicht mehr viel. Wichtig sei ihm, die Familie mit den drei Kindern gut versorgt zu wissen. Die neue Arbeit in der Behindertenwerkstatt mache ihn zufrieden. Hier sind die Mitarbeiter „manchmal Vater, Mutter, Bruder und Seelsorger zugleich“, so Markus Maletzke, rechte Hand des Küchenchefs. Auch die Gehandicapten sind nicht jeden Tag gut drauf. „Und wir loten aus, wer sich für welchen Arbeitsplatz gut eignet. Gerade haben wir drei Mitarbeiter ausgebildet, die gut rechnen können und an der Kantinenkasse arbeiten.“ Andere bedienen die Spülmaschinen oder schnippeln Salate. Auch monatliche Beurteilungen zur Entwicklung der Mitarbeiter sind Aufgabe des Küchenchefs. „Wir arbeiten hier alle auf Augenhöhe. Das ist wichtig“, so Udo Jaeuthe. Auch neue Ideen für den Küchenzettel werden gemeinsam geschmiedet.
Zu Hause kocht Udo Jaeuthe auch gern, und freut sich auf die familiäre Runde zu Weihnachten. Taditionell kommen Ente auf den Tisch und Kartoffelsalat. Trotz internationaler Küchenerfahrung liebt es der Neuruppiner auf dem Teller ursprünglich, liebt Essen ohne Firlefanz wie Rouladen oder Gulasch.
Im Frühjahr schreibt die Stadt Oranienburg rund 1200 Essen in ihren städtischen Kitas und Grundschulen neu aus. Für 500 will sich die Caritas bewerben. „Die Kapazitäten sind da“, so der Küchenchef. Der erste Teller mit Spirelli ging gestern um 10.30 Uhr über den Tresen. „Es schmeckt gut“, ruft jemand durch den Essensaal. Und Rosa muss Udo Jaeuthe unbedingt mal drücken.