Aus­ge­schwärmt

Aus­ge­schwärmt

Aus­ge­schwärmt

Von Hei­ke Bergt | Mär­ki­sche All­ge­mei­ne Zeitung

Ca­ri­tas-Pro­jekt: Bie­nen­beu­te in der Klein­gar­ten­ko­lo­nie Ein­tracht platziert

Ob Äp­fel, Bir­nen oder Kir­schen – eine gute Ern­te ist den Klein­gärt­nern der „Ko­lo­nie Ein­tracht” in Ora­ni­en­burg spä­tes­tens ab kom­men­dem Jahr si­cher. Ein Bie­nen­volk ist nahe dem Fest­platz an­ge­sie­delt worden.

Ora­ni­en­burg | Das ers­te Ex­em­plar zeigt sich am Aus­flugs­loch. Und düst da­von. “5000 bis 7000 Bie­nen sind etwa drin”, schätzt An­dre­as Pac­zoch ein. Er ist Im­ker und ar­bei­tet als Be­treu­er psy­chisch kran­ker Men­schen bei der Ca­ri­tas im St. Jo­han­nes­berg in Ora­ni­en­burg. Am Mitt­woch hat er zu­sam­men mit Kol­le­gen ei­nen Bie­nen­kas­ten in der “Ko­lo­nie Ein­tracht” am Frie­den­tha­ler Weg ab­ge­la­den und auf dem Ver­eins­ge­län­de nahe des “In­sek­ten­ho­tels” platziert.

Eine Beu­te, in der die Tie­re art­ge­recht le­ben. Die Grö­ße äh­nelt der ei­ner Baum­höh­le, die sich die Tie­re in der Wild­bahn su­chen”, be­schreibt Pac­zoch. Dar­in ein so ge­nann­ter “Kunst­schwarm”, ein neu zu­sam­men­ge­stell­tes Bie­nen­volk. Das brauch­te am An­kunfts­tag noch Ruhe. Wird nun aus­schwär­men und im Um­kreis von fünf Ki­lo­me­tern auf Nek­tar­su­che gehen.

Seit zwei Jah­ren gibt es das Pro­jekt “Ora­ni­en­burg summt auch”. Ei­gent­lich, so be­schreibt der Im­ker, war man 2011 auf der Su­che nach Haus­dä­chern für Bie­nen­stö­cke, so wie auch in Ber­lin. Die­se Su­che er­wies sich bis­her als schwie­rig. Und des­halb wur­de die ers­te Bie­nen­beu­te nun in der Klein­gar­ten­ko­lo­nie auf­ge­stellt. Dort ist sie den Gärt­nern herz­lich will­kom­men, so Ver­eins­chef Wolf­gang Schmidt. Da­bei geht es nicht um den Ge­winn von Ho­nig, be­tont Im­ker Pac­zoch. Den dür­fen die Bie­nen be­hal­ten. Viel­mehr sol­len die Tie­re, de­ren Völ­ker die Var­roa­mil­be be­reits arg de­zi­miert hat, wie­der ver­mehrt wer­den. “Sie ge­hö­ren ein­fach zur Kul­tur­land­schaft.” Im kom­men­den Jahr, so hofft Pac­zoch, könn­te sich ein neu­er Schwärm ab­set­zen, ein neu­es Volk zu begründen.

Ein sinn­vol­le und nütz­li­che Auf­ga­be für un­se­re Mit­ar­bei­ter. Da­von lebt un­se­re Ar­beit”, lobt Ca­ri­tas-Werk­statt­lei­ter Chris­toph Lau das Pro­jekt, Frank Ol­ters­dorf be­grüßt: Wie bei der Laga wer­de das Schö­ne und das Nütz­li­che ver­bun­den. “Ich hof­fe, die Idee ist bei­spiel­ge­bend für andere.”

Ko­lo­nie Eintracht

  • Die Klein­gar­ten­an­la­ge be­steht seit 105 Jahren.
  • Ver­eins­vor­sit­zen­der ist Wolf­gang Schmidt.
  • Ins­ge­samt 14 Ki­lo­me­ter We­ge­netz durch­zie­hen das Areal.
  • 425 Päch­ter pfle­gen dort rund 240 Par­zel­len. Ei­ni­ge we­ni­ge sind der­zeit frei.
  • Am Sonn­abend, 30. Juni, fin­det ab 12 Uhr das dies­jäh­ri­ge Ver­eins­fest rund um den Fest­platz statt. Auch der Im­ker in­for­miert an die­sem Tag über das Bienenprojekt.
Schmut­zi­ge Wäsche

Schmut­zi­ge Wäsche

Schmut­zi­ge Wäsche

Von Hei­ke Bergt | Mär­ki­sche All­ge­mei­ne Zeitung

Wä­sche­rei des St. Jo­han­nes­bergs be­kam Zu­schlag der JVA Wulkow/Neue Maschinen

Seit Mai wird in der Ca­ri­tas-Wä­sche­rei ganz be­son­de­re Schmutz­wä­sche ge­wa­schen: Häft­lings­be­klei­dung aus der JVA Wul­kow. Bis zu 800 Kilo jede Woche.

Ora­ni­en­burg | Mit dem Zu­schlag der Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt in Neu­rup­pin-Wul­kow gibt es für die Frau­en und Män­ner in der Wä­sche­rei der Werk­statt für Be­hin­der­te an der Ber­li­ner Stra­ße dop­pelt so viel Ar­beit wie bis­her. 300 Plät­ze für In­haf­tier­te hat die JVA, die In­sas­sen ar­bei­ten un­ter an­de­rem in der Kü­che und in Werk­stät­ten. Bis zu 40 Ton­nen Wä­sche rol­len nun von dort im Jahr an, im­mer diens­tags und don­ners­tags ein Lkw voll. Ge­füllt vor al­lem „mit Bett­wä­sche, Hand­tü­chern, aber auch De­cken, Kis­sen, Blau­män­nern und An­stalts­un­ter­wä­sche”, be­schreibt Rai­ner Schulz. Die Wä­sche­rei sei des­halb per­so­nell auf­ge­stockt wor­den, von zwölf auf 20 Mit­ar­bei­ter, so der Ar­beits­vor­be­rei­ter in den Werkstätten.

Der Zu­schlag für die Wä­sche­ber­ge aus Wul­kow war für die Wä­sche­rei der Be­hin­der­ten­werk­stät­ten eine glück­li­che Fü­gung, fiel mit dem Ab­schluss des Um­baus zu­sam­men. „Wir hat­ten enor­me Re­pa­ra­tur­kos­ten für den al­ters­schwa­chen Ma­schi­nen­park”, so Werk­statt­lei­ter Chris­toph Lau. Für 130 000 Euro ist nun die Wä­sche­rei, die für die ei­ge­nen Wohn­ein­rich­tun­gen des St. Jo­han­nes­bergs wäscht, aber auch für Ge­schäfts- und Pri­vat­kun­den ar­bei­tet, tech­nisch neu aus­ge­rüs­tet wor­den. Un­ter an­de­rem mit ei­ner 70 Kilo fas­sen­den „Hy­gie­ne­wasch­ma­schi­ne”. Spar­sa­me­re, erd­gas­be­trie­be­ne Trock­ner ha­ben Dampf­trock­ner ab­ge­löst. Zu­dem ist die Wä­sche­rei in eine „Schwarz-Weiß-Stre­cke” um­funk­tio­niert wor­den: „Schmut­zi­ge und sau­be­re Wä­sche kom­men nicht mehr mit­ein­an­der in Be­rüh­rung”, er­klärt Rai­ner Schulz. Die Ar­beits­be­rei­che sind strikt ge­trennt. Seit ges­tern läuft auch die au­to­ma­ti­sche Wasch­mit­tel­do­sie­rung. Im­mer mehr Kun­den wünsch­ten „Hy­gie­ne­wä­sche”. Um dem ge­recht zu wer­den, war nicht nur neue Tech­nik von­nö­ten, auch die Mit­ar­bei­ter muss­ten da­zu­ler­nen. Hän­de des­in­fi­zie­ren, je­den Mor­gen zwin­gend neue Be­klei­dung im Rein­raum an­zie­hen. Zum bes­se­ren Ein­prä­gung nach Far­ben sor­tiert: Ges­tern war ro­ter Tag.

Es ist der Ein­stieg ins neue Wasch­zeit­al­ter. „Na­tür­lich se­geln wir bei der Re­fi­nan­zie­rung der In­ves­ti­tio­nen hart am Wind”, räumt Lau ein. 2013 sol­len trotz­dem wei­te­re Ma­schi­nen dazukommen.

Zu­sam­men durchs Herz

Zu­sam­men durchs Herz

Zu­sam­men durchs Herz

Mär­ki­sche All­ge­mei­ne Zeitung

Et­was ner­vös po­sie­ren Klaus Theu­ring und Bir­git Je­che auf den Trep­pen des Krem­me­ner Rat­haus. Es ist das letz­te Foto vor dem gro­ßen Mo­ment. Nur we­ni­ge Mi­nu­ten spä­ter sit­zen sie ne­ben­ein­an­der im Stan­des­amt. Bir­git und Klaus sind seit ih­rer Kind­heit geis­tig be­hin­dert, meis­tern ihr Le­ben aber sehr selbst­stän­dig. Am Sonn­abend hei­ra­te­te das Paar.

Der ers­te Kuss war heimlich

Der ers­te Kuss war heimlich

Der ers­te Kuss war heimlich

Von Anja Hamm | Ora­ni­en­bur­ger Generalanzeiger

Bir­git Je­che und Klaus Theu­ring hei­ra­ten und be­wei­sen, dass geis­tig Be­hin­der­te selbst­be­stimmt le­ben können

Beetz/Kremmen | Den neu­en Na­men hat er schon mal schrei­ben ge­übt – Je­che. So wird Klaus Theu­ring ab heu­te hei­ßen, wenn er und sei­ne Freun­din Bir­git sich im Krem­me­ner Stan­des­amt das Ja-Wort ge­ben. „Je­che schreibt sich ein­fa­cher“, er­klärt der 48-Jäh­ri­ge die eher un­ge­wöhn­li­che Ent­schei­dung, den Na­men der Frau an­zu­neh­men. Die­sem gro­ßen Tag, an dem das Paar sei­nen Traum wahr­macht und hei­ra­tet, gin­gen vie­le Jah­re har­ter Ar­beit vor­aus. Nicht nur das Schrei­ben ha­ben sie in die­ser Zeit gelernt.

Klaus Theu­ring und Bir­git Je­che sind geis­tig be­hin­dert, von Ge­burt an we­gen früh­kind­li­cher Hirn­schä­den. Eine Schu­le ha­ben bei­de nie be­sucht. Bir­git Je­che, 42 Jah­re alt, ver­brach­te 25 Jah­re im Heim, Klaus 39 Jah­re, also weit­aus län­ger, bis bei­de der Som­mer­fel­der Ein­rich­tung 2007 den Rü­cken kehr­ten, um end­lich in eine ei­ge­ne Woh­nung zu zie­hen. Seit­dem füh­ren sie ein ei­gen­stän­di­ges, be­treu­tes Le­ben mit der Un­ter­stüt­zung des Ehe­paars Speck­mann, das den bei­den, gleich zu wel­cher Uhr­zeit, als ge­setz­li­che Be­treu­er zur Sei­te steht.

Dass die­se Men­schen hei­ra­ten, ist et­was Be­son­de­res“, sagt Hans-Joa­chim Speck­mann. Er und sei­ne Frau Bri­git­te ken­nen das Paar seit zehn Jah­ren und ha­ben sich da­für ein­ge­setzt, dass Bir­git Je­che und Klaus Theu­ring ei­nen selbst­be­stimm­ten All­tag füh­ren, wie es in ei­ner Ein­rich­tung nie­mals mög­lich ge­we­sen wäre. „Das Heim hat sich ge­gen den Aus­zug ge­sperrt“, sa­gen die Betreuer.

Und sie ha­ben das ers­te Tech­tel­mech­tel der bei­den mit­er­lebt. Im Jahr 2003 be­gann die ge­mein­sa­me Ge­schich­te von Bir­git und Klaus. Der breit­schult­ri­ge, ju­gend­lich wir­ken­de Mann mit den hel­len Au­gen hat­te ein Auge auf Bir­git, eine zu­rück­hal­ten­de und freund­li­che jun­ge Frau, ge­wor­fen. Klaus Theu­ring er­in­nert sich ge­nau an den ers­ten Kuss. „Der war heim­lich“, sagt er und lä­chelt ein we­nig. „Beim Gute-Nacht-Sa­gen hab ich Bir­git in ih­rem Zim­mer ge­küsst.“ Auf­ge­regt wa­ren die bei­den da­bei nicht, be­haup­ten sie. Für bei­de ist es die zwei­te Be­zie­hung. Weil sei­ne ers­te Freun­din fremd­ging, mach­te Klaus Theu­ring Schluss. Treue, sagt er, ist ihm wich­tig. Bir­git Je­che nickt zu­stim­mend. „Er ist lieb, hilfs­be­reit“, zählt sie auf, was sie an ih­rem Mann be­son­ders schätzt. „Er kann ko­chen“, fällt ihr dann noch ein. Sie selbst kön­ne ba­cken. „Aber ich ler­ne sie an“, schiebt Klaus Theu­ring hin­ter­her. Als sie ein­mal ge­mein­sam ei­nen Ku­chen mach­ten, ging das in die Hose, er­in­nert er sich. „Der Ku­chen war dann so hoch“, sagt Klaus Theu­ring und hebt die Hand über der Tisch­plat­te zum Spaß auf Au­gen­hö­he. Statt drei Eier hat­ten sie nur eins in den Teig gerührt.

Sie kön­nen sich pri­ma er­gän­zen“, be­stä­tigt Hans-Joa­chim Speck­mann. Bir­git Je­che ist im Le­sen und Schrei­ben fit­ter als ihr Mann, der hat ge­ra­de sein ers­tes Se­mes­ter im Schreib‑, Lese- und Re­chen­kurs an der Kreis­volks­hoch­schu­le ab­sol­viert. „Schrei­ben ist mir wich­tig“, be­tont er. Bei­de ma­chen ei­nen PC-Kurs, dazu kom­men vie­le Hob­bys, mit de­nen sie sich nach der Ar­beit in der Werk­statt St. Jo­han­nes­berg be­schäf­ti­gen: Chor und Mo­dell­ei­sen­bahn, Fit­ness, Hand­ar­bei­ten und E‑­Bike-Fah­ren. „Ich bin froh, dass ich selbst­stän­dig bin, dass ich mei­ne Ruhe habe“, sagt Klaus Theu­ring. „Wun­der­bar“ fin­det er es in der ei­ge­nen Drei-Zim­mer-Woh­nung, dem er­sehn­ten Rück­zugs­ort. „Die Hei­me sind prop­pe­voll“, er­klärt Speck­mann den Wunsch der bei­den nach Ruhe.

Die weicht heu­te der Auf­re­gung. Freun­de, Be­kann­te und Nach­barn wer­den zur Hoch­zeits­fei­er kom­men. Im grau­en An­zug mit wei­ßer Flie­ge führt Klaus Theu­ring Bir­git ins Stan­des­amt. Das lan­ge blaue Braut­kleid war zwar nicht ihr Traum­kleid, gibt Bir­git Je­che zu, die sich ein aus­la­den­des ge­wünscht hat­te. Aber das Blaue ge­fällt ihr den­noch, und sie kann es da­nach auch zu an­de­ren An­läs­sen tra­gen. Speck­mann macht deut­lich, dass die Ent­schei­dung auch nach prak­ti­schen Kri­te­ri­en ge­trof­fen wur­de: „Die bei­den be­zah­len die ge­sam­te Hoch­zeit selbst.“ 1200 Euro im Mo­nat ver­die­nen die Beet­zer zu­sam­men, da­von müs­sen sie ih­ren ge­sam­ten Le­bens­un­ter­halt be­strei­ten. Für eine Ur­laubs­fahrt im Jahr le­gen sie Geld zu­rück. Und in die­sem Jahr steck­ten sie ihr Ge­spar­tes in die Flit­ter­wo­chen – zehn Tage fah­ren sie an die pol­ni­sche Ostsee.

Und wel­che Träu­me hat das Paar für sei­ne Zu­kunft? Die Fra­ge macht bei­de nach­denk­lich, eine Ant­wort wol­len sie sich gut über­le­gen. „Dass wir glück­lich blei­ben“, sagt die Braut. „Dass wir bis ans Le­bens­en­de zu­sam­men blei­ben“, sagt dann Klaus Theu­ring, der sich auch wünscht, mit sei­ner Frau in ei­ner Welt zu le­ben, in der Frie­den herrscht. Kin­der aber kom­men ih­nen nicht ins Haus. „Um Got­tes Wil­len, nein!“, ruft sie und lacht da­bei. Kei­nes­wegs ha­ben sie et­was ge­gen Kin­der, aber: „Ich bin zu­frie­den, dass ich Tan­te bin“, sagt sie. „Und Klaus ist On­kel.“ Zwei Nef­fen ha­ben sie, drei und sie­ben Jah­re alt. Das reicht fürs Erste.

Jetzt den­ken bei­de nur an die Hoch­zeit, bei der die Gäs­te or­dent­lich pol­tern dür­fen – und fei­ern. Das Braut­paar wird das Fest tra­di­tio­nell mit ei­nem Tanz er­öff­nen. Dass sei­ne Frau nicht tan­zen kann, stört Klaus Theu­ring nicht: „Ich kann ja tanzen.“

Heu­te wird geheiratet

Heu­te wird geheiratet

Heu­te wird geheiratet

Von An­drea Ka­thert | Mär­ki­sche All­ge­mei­ne Zeitung

Klaus Theu­ring und Bir­git Je­che ge­ben sich das Jawort

Im Krem­me­ner Rat­haus gibt es heu­te eine be­son­de­re Trau­ung. Klaus Theu­ring und Bir­git Je­che wol­len sich das Ehe­ver­spre­chen ge­ben. Bei­de sind seit Ih­rer frü­hen Kind­heit geis­tig behindert.

Krem­men | Beim gest­ri­gen Fo­to­ter­min war den bei­den die Auf­re­gung schon ein we­nig an­zu­se­hen. Bir­git Je­che und Klaus Theu­ring sind in ih­rem Le­ben schon ei­ni­ge wich­ti­ge Schrit­te ge­mein­sam ge­gan­gen. Aber der heu­ti­ge ist et­was ganz Be­son­de­res: die bei­den wol­len heiraten.

Durch ei­nen früh­kind­li­chen Hirn­scha­den sind bei­de geis­tig be­hin­dert. Klaus Theu­ring zu 80 Pro­zent, Bir­git Je­che zu 100 Pro­zent. Auf­ge­wach­sen sind sie im Wald­haus in Som­mer­feld, ei­ner Be­hin­der­ten­ein­rich­tung auf dem Kli­nik­ge­län­de. Dort lern­te sich Bir­git und Klaus auch ken­nen und wur­den ein Paar. Vor fünf Jah­ren er­füll­te sich ein gro­ßer Wunsch für sie: Die bei­den durf­ten vom Heim in eine ei­ge­ne klei­ne Woh­nung um­zie­hen und ein selbst­be­stimm­tes Le­ben füh­ren. Meh­re­re be­stell­te und eh­ren­amt­li­che Be­treu­er hel­fen ih­nen bei der Haus­halts­füh­rung, beim Ein­kauf und beim Um­gang mit Geld. Seit 2002 ste­hen ih­nen Bri­git­te und Hans-Joa­chim Speck­mann zur Sei­te. Das Krem­me­ner Ehe­paar macht das eh­ren­amt­lich. Bri­git­te Speck­mann hat vie­le Jah­re im Wald­haus ge­ar­bei­tet. Als sie in den Ru­he­stand ging, über­nahm sie so­fort die­se eh­ren­amt­li­che Tätigkeit.

Bir­git Je­che und Klaus Theu­ring füh­ren heu­te ein fast nor­ma­les Le­ben. Ihre klei­ne Woh­nung in ei­nem der Blocks im Trift­weg in Beetz ist hübsch ein­ge­rich­tet. Die 41-Jäh­ri­ge führt stolz durch alle Zim­mer. In dem klei­nen Hob­by­raum ste­hen die Bas­tel­uten­si­li­en von Klaus. Bir­git übt sich ge­ra­de dar­in, mit dem Lap­top um­zu­ge­hen. Das Trimm-dich-Ge­rät in der Ecke be­nut­zen bei­de. Bir­git hat in die­sem Jahr an ei­nem PC-Kurs für Be­hin­der­te teil­ge­nom­men. Und der 48-jäh­ri­ge Klaus be­sucht die Volks­hoch­schu­le, um le­bens­prak­ti­sches Le­sen, Schrei­ben und Rech­nen zu ler­nen. In klei­nen Schrit­ten stel­len sich die Er­fol­ge ein.

Die bei­den hel­fen und er­gän­zen sich in ih­rem täg­li­chen Le­ben. Was der eine nicht kann, hat der an­de­re viel­leicht schon ge­lernt. Sie ge­hen re­gel­mä­ßig und voll­tags in die Ca­ri­tas-Werk­statt in Ora­ni­en­burg, mit Freu­de ar­bei­ten sie dort in ih­ren Grup­pen und kön­nen da­durch ih­ren Le­bens­un­ter­halt selbst be­strei­ten. Auch in ih­rem Wohn­um­feld in Beetz ha­ben Bir­git und Klaus so­zia­le Kon­tak­te ge­knüpft. Dass sie sich in der klei­nen Woh­nung di­rekt am Beet­zer See wohl­füh­len, ist nicht zu über­se­hen. In ei­nem Heim wol­len die künf­ti­gen Ehe­leu­te nie wie­der wohnen.

Was sei­ne Bir­git zur Trau­ung an­zieht, weiß Klaus schon. „Ein lan­ges Kleid”, sagt er mit ver­hei­ßungs­vol­ler Mie­ne und drückt schnell die Hand sei­ner Braut. Aber ge­se­hen hat er es na­tür­lich noch nicht. „Das darf man nicht”, sagt Klaus Theuring.

Wer mit­macht, ge­hört dazu

Wer mit­macht, ge­hört dazu

Wer mit­macht, ge­hört dazu

Von Frau­ke Her­weg | Mär­ki­sche All­ge­mei­ne Zeitung

Leicht­ath­le­tik und Ge­schick­lich­keits­spie­le: 719 Teil­neh­mer star­te­ten ges­tern beim Integrationssportfest

Hen­nings­dorf | Am Ende reißt Ste­ven Pas­tor die Arme hoch. Er strahlt. 75 Me­ter in 16,5 Se­kun­den. „Ich bin ein Kämp­fer”, ruft er la­chend. „Rich­tig gute Zeit, oder?”

719 Kin­der, Ju­gend­li­che und Er­wach­se­ne nah­men ges­tern beim In­te­gra­ti­ons­sport­fest in Hen­nigs­dorf teil. Die jüngs­ten im Grundschul‑, die äl­tes­ten im Se­nio­ren­al­ter. Ins­ge­samt 28 In­sti­tu­tio­nen mach­ten mit – ein Re­kord, so An­net­te Koegst von der ge­mein­nüt­zi­gen Pro­jekt- und so­zia­len Re­gio­nal­ent­wick-lungs­ge­sell­schaft mbH, die das Fest ge­mein­sam mit dem Be­hin­der­ten­sport­ver­ein Ober­ha­vel organisierte.

Lau­fen, Weit­sprung, Nek­ta­ri­nen­lauf oder Gum­mi­stie­fel­weit­wurf- wer woll­te, konn­te sich in ganz ver­schie­de­nen Dis­zi­pli­nen aus­pro­bie­ren. „Sport ist ge­leb­te In­klu­si­on”, sag­te Koegst. „Wer da­bei ist, ge­hört dazu.”

Be­son­ders hoch schlu­gen die Ge­fühls­wo­gen an der 75-Me­ter-Bahn. Ei­ni­ge Teil­neh­mer star­ten im Rol­li, an­de­re an der Hand ei­nes Be­treu­ers – eine Pla­ket­te er­hal­ten am Ende alle Fest­teil­neh­mer. Je­der ist ein Sie­ger. „Es geht heu­te nicht um Höchst­leis­tun­gen”, sagt Land­rat Karl-Heinz Schrö­ter (SPD). „Es geht um ge­mein­sa­men Sport.”

Die Ora­ni­en­bur­ger Ca­ri­tas-Werk­statt St. Jo­han­nes­berg war mit be­son­ders vie­len Teil­neh­mern zu dem Fest ge­kom­men. Eine gro­ße Grup­pe läuft die 75-Me­ter-Di­stanz und stellt sich hin­ter­her für den Weit­sprung an. „Die Stim­mung ist to­tal gut”, sagt Lisa Gahl­beck, die ein Frei­wil­li­ges So­zia­les Jahr ab­sol­viert. „Un­se­re Teil­neh­mer ha­ben ei­nen gro­ßen Kampfgeist.”