Eine Ar­beit zum Wohl­füh­len gefunden

Eine Ar­beit zum Wohl­füh­len gefunden

Eine Ar­beit zum Wohl­füh­len gefunden

Von An­drea Ka­thert | Mär­ki­sche All­ge­mei­ne Zeitung

Die Ca­ri­tas-Be­schäf­tig­ten öff­ne­ten ganz weit ihre Werkstatttüren

Ora­ni­en­burg | Ines Krü­ger woll­te ei­gent­lich nur mal was an­de­res ma­chen. “Mal was Hand­werk­li­ches”, meint die 26-Jäh­ri­ge. Seit zwei­ein­halb Wo­chen ar­bei­tet sie in der Holz­werk­statt der Ca­ri­tas an der Ber­li­ner Stra­ße. “Und die Ar­beit macht mir sehr viel Spaß”, strahlt Ines Krü­ger. Das nimmt man ihr so­fort ab. Voll kon­zen­triert ar­bei­tet lnes Krü­ger an ei­nem Strob­schied. Die klei­ne Trenn­wand wird in die Bie­nen­beu­ten ein­ge­baut, da­mit es die Bie­nen recht kusch­lig ha­ben, wenn ihre Völ­ker noch zu klein für ei­nen gro­ßen Bie­nen­kas­ten sind. “Wie ein Raum­tei­ler ist das”, er­klärt die jun­ge Frau ganz be­geis­tert. Sie hat das Rich­ti­ge für sich ge­fun­den. Freut sich auch über die gute An­lei­tung ih­res Grup­pen­lei­ters. Ne­ben­an in der Holz­ver­ar­bei­tung sta­peln sich me­ter­hoch die Rähm­chen, die vom Ver­ein Mel­li­fera be­stellt wur­den. Die schwei­ze­ri­schen Bie­nen­freun­de küm­mern sich um na­tur­ge­mä­ßes Im­kern und ha­ben ge­ra­de ihre Be­stel­lung er­höht. Bis zum Früh­jahr ging es in der Holz­ab­tei­lung noch we­sent­lich en­ger­zu. Jetzt­gib­tes­mehr­Platz. “Und wir kön­nen auch mehr Leu­te hier be­schäf­ti­gen”, sagt Grup­pen­lei­ter An­dre­as Pac­zoch. Das hat da­mit zu tun, dass die Ca­ri­tas im Ader­luch in Ora­ni­en­burg eine gro­ße Werk­statt ein­rich­te­te. “Das ist eine Er­folgs­ge­schich­te”, sagt Werk­statt­lei­ter Chris­toph Lau. Die Werk­statt ist voll be­legt, die Auf­trags­bü­cher sind voll. Das Be­son­de­re im Ader­luch ist, dass für die Werk­statt ein ehe­ma­li­ger Aldi-Markt um­ge­baut wur­de, der sich im Erd­ge­schoss ei­nes Wohn­kom­ple­xes be­fand. Die Be­hin­der­ten ar­bei­ten prak­tisch das ers­te Mal in ei­nem pri­va­ten Um­feld. “Wir sind sehr gut auf­ge­nom­men wor­den”, sagt Chris­toph Lau. “Das ist ein schö­nes Stück Normalität.”

Am Frei­tag ging es in sämt­li­chen Räu­men der Ca­ri­tas-Werk­statt zu wie in ei­nem Bie­nen­schwarm. Wie je­des Jahr zum Tag der of­fe­nen Tür kom­men vie­le Be­su­cher: Fa­mi­li­en­an­ge­hö­ri­ge, Freun­de, Ge­schäfts­leu­te. Alle Be­schäf­tig­ten sind gut ge­launt. freu­en sich über je­den, der sich für ihre Ar­beit in­ter­es­siert. Es ist ein­fach eine schö­ne Vor­weih­nachts­stim­mung. Dazu trägt auch Eva-Ma­ria Gö­bel bei, die in der Ein­rich­tung für be­glei­ten­de An­ge­bo­te sorgt. “Den gan­zen No­vem­ber ha­ben wir für die Vor­be­rei­tun­gen ge­braucht”, sagt sie. 60 Ad­vents­krän­ze und lo­cker noch mal 70 Ge­ste­cke sind auf die­se Wei­se ent­stan­den. In den ver­gan­ge­nen Jah­ren gin­gen die letz­ten Be­su­cher im­mer leer aus, so groß war die Nach­fra­ge “Das soll die­ses Mal nicht pas­sie­ren”, sagt Eva-Ma­ria Göbel.

Die­ses Mal soll je­der et­was zum ers­ten Ad­vent mit nach Hau­se neh­men kön­nen. Durch die Be­su­cher­men­gen drän­geln sich auch die 28 Vor­schul­kin­der der Mo­sa­ik­schu­le. Gut, dass die Mäd­chen und Jun­gen ne­on­far­be­ne Wes­ten an­ha­ben, da kann sie nie­mand über­se­hen. Ganz in­ter­es­siert schau­en die Kin­der zu, wie für die Schie­be­türf­erti­gung Klein­tei­le in Tü­ten ver­packt wer­den. Und dann zie­hen die Zwer­ge win­kend wei­ter. Auf den Flu­ren fal­len sich im­mer wie­der zur Be­grü­ßung Leu­te in die Arme. An solch ei­nem Tag se­hen sich alle Be­schäf­tig­ten aus den an­de­ren Ca­ri­tas Zwei­gen wie­der, da ist die Freu­de groß.

Neue Auf­trä­ge für die Holzproduktion

ln der Holzabteilung
Ein wei­te­rer Auf­trag der Werk­statt wer­den zur Zeit im Auf­trag ei­nes Ver­eins Rähm­chen für Beu­ten ge­baut, die für na­tur­ge­mä­ßes Im­kern ver­wen­det wer­den. ln die­se Rah­men sol­len Ho­nig­bie­nen selbst­stän­dig ihre Wa­ben bauen.

Ein wei­te­rer Auftrag
sind Stroh schie­de. Sie wer­den als Art “Raum tei­ler” in den Bie­nen­kas­ten ein­ge­han­gen, so lan­ge die Völ­ker noch zu klein sind für die gro­ße Beu­te. Es han­delt sich bei den Schie­den um ein rei­nes Naturprodukt.

Die Schie­de
wer­den aus ge­bün­del­ten Rog­gen­stroh­schich­ten her­ge­stellt. Das Stroh wird sor­tiert und vor­ge­schnit­ten. Je­der Halm Wird ein­zeln abge·schält. Die ge­press­ten Bün­del wer­den mit Na­tur­fa­den zusammengenäht.

Lang­wei­lig wird es nie

Lang­wei­lig wird es nie

Lang­wei­lig wird es nie

Von Klaus D. Gro­te | Ora­ni­en­bur­ger Generalanzeiger

To­bi­as Ott­lew­ski, Diet­lind Bey­er, Ra­mo­na Sau­bohn und Cars­ten Krau­se sind Ur­ge­stei­ne der Ca­ri­tas-Werk­statt und seit An­fang an dabei

Ora­ni­en­burg | (OGA) Die An­fän­ge des Jo­han­nes­bergs rei­chen weit zu­rück. Fast 120 Jah­re alt ist die Ge­schich­te in­zwi­schen. “Frü­her war es ein Er­ho­lungs­heim für Ber­li­ner Gö­ren”, sagt Diet­lind Bey­er, die heu­te sel­ber auf dem Ge­län­de wohnt. Erst in den l950er Jah­ren wur­de der Jo­han­nes­berg Wohn­stät­te für Kin­der mit Be­hin­de­rung. Frü­her hät­ten noch viel mehr Mit­ar­bei­ter auf dem Ge­län­de ge­lebt und die Kin­der auf­wach­sen se­hen, sagt Grup­pen­lei­ter To­bi­as Ott­lew­ski. In­zwi­schen sei das et­was Be­son­de­res, zu­min­dest für Diet­lind Bey­er: “Ich woh­ne ein­fach gern hier.”

Im Be­wusst­sein der Ora­ni­en­bur­ger sei der Jo­han­nes­berg aber nicht so sehr ver­an­kert. Die ge­bür­ti­ge Thü­rin­ge­rin Diet­lind Bey­er be­dau­ert das. Für vie­le Ora­ni­en­bur­ger sei der Ort im­mer noch „das Kin­der­heim“. Da­bei pas­sie­re so viel Tol­les auf dem Ge­län­de. Die Werk­statt habe ei­nen ent­schei­den­den Wan­del ge­bracht. Die Be­hin­der­ten hät­ten durch die Ar­beit eine Struk­tur be­kom­men und vor al­lem könn­ten sie sich über die Ar­beit de­fi­nie­ren. “Sie wol­len nicht nur bas­teln”, sagt die Hei­ler­zie­hungs­pfle­ge­rin. „Ar­beit ist für je­den wich­tig, egal ob stark oder we­nig be­hin­dert. Je­der will aus sei­nem Le­ben et­was ma­chen.“ Da­mit das funk­tio­niert, müs­se die Ar­beit an den Men­schen an­ge­passt wer­den. Die Be­schäf­tig­te Ra­mo­na Sau­bohn (44) er­in­nert sich, wie sie am An­fang noch Holz­puz­zle ge­baut hat. Heu­te ist die Wä­sche­rei, in der sie ar­bei­tet, ein pro­fes­sio­nel­ler Dienst­leis­ter. “Ich bin abends fix und fer­tig, ich brau­che kein Fern­se­hen”, sagt sie. Die Ar­beit sei aber auch bes­ser geworden.

Der Ora­ni­en­bur­ger Fo­li­en­her­stel­ler Ora­fol war der ers­te gro­ße Auf­trag­ge­ber für die Werk­statt. Bis heu­te lässt Ora­fol am Jo­han­nes­berg pro­du­zie­ren. “Wenn die Fir­men mer­ken, dass es funk­tio­niert, kom­men sie wie­der”, sagt Grup­pen­lei­ter To­bi­as Ottlewski.

Cars­ten Krau­se (43) hat viel ge­lernt, seit er vor elf Jah­ren in der Werk­statt be­gann. Im­mer wie­der hat­te er Au­ßen­ar­beits­plät­ze, un­ter an­de­rem bei Ta­ke­da. im Fahr­rad­ge­schäft von Ul­rich He­be­streit und im Tier­park Ger­men­dorf. Zur­zeit fährt er je­den Tag zum Kar­to­na­gen­her­stel­ler Klö­de in Hennigsdorf.

Der Wan­del ge­hö­re in der Ca­ri­tas-Werk­statt ein­fach dazu, sagt To­bi­as Ott­lew­ski. Zehn­mal schon habe er ge­wech­selt, ist jetzt am neu­en Stand­ort am Ader­luch tä­tig. “Man macht im­mer et­was Neu­es”, sagt der 5O-Jäh­ri­ge, der auch Mit­glied im Werk­statt­rat und Hy­gie­ne­be­auf­trag­ter ist. Wel­che hoch­pro­fes­sio­nel­le Ar­beit in den Werk­stät­ten ge­leis­tet wer­de, sei au­ßer­halb viel zu we­nig be­kannt. “Wer das hier zum ers­ten Mal ge­se­hen hat, ist er­staunt”, sagt Diet­lind Bey­er. Des­halb wün­sche sie sich mehr Aus­tausch, zum Bei­spiel durch Schul­be­su­che in der Werkstatt. 

Wenn die viel Kol­le­gen, die die An­fän­ge zu­sam­men mit­er­lebt ha­ben, auf die ver­gan­ge­nen 25 Jah­re zu­rück­schau­en, er­in­nern sie sich auch viel an die ge­mein­sam ver­brach­te Frei­zeit, an Ur­laub in Bad Saa­row, Os­ter­früh­stück und Weih­nachts­fei­ern, den Chor und die Tanz­grup­pe, an die Werk­statt-Band, an Fuß­ball­spie­le, ans Dra­chen­boot­ren­nen und an die Teil­nah­me am Ora­ni­en­bur­ger Fest­um­zug. Sie den­ken an die vie­len Ge­burts­tags­fei­ern, aber auch dar­an, dass vie­le Kol­le­gen schon ge­stor­ben sind. “Das ist sehr trau­rig”, sagt Ra­mo­na Sau­bohn. Aber Freud und Leid lä­gen am Jo­han­nes­berg oft nah bei­ein­an­der, meint Diet­lind Bey­er. Sie hängt sehr an die­sem Ort, der ihr Hei­mat und Ar­beits­platz ge­wor­den ist “Hier muss man im­mer mit dem Un­ge­wöhn­li­chen rech­nen. Je­der Tag ist an­ders, lang­wei­lig wird es nie.” Aber ab und zu brau­che sie eine Pau­se und Ruhe. “Des­halb fah­re ich Ur­laub auf die ln­sel Pell­wonn”, sagt die 47-Jährige.

Eine durch den ge­sell­schaft­li­chen Wan­del be­ding­te Ver­än­de­rung macht Diet­lind Bey­er auch in der Ca­ri­tas-Werk­statt aus. Men­schen mit klas­si­scher, geis­ti­ger Be­hin­de­rung wie Men­schen mit dem Gen­de­fekt Tri­so­mie 21 sei­en we­ni­ger ge­wor­den. Da­für habe die Zahl so­zi­al­be­ein­träch­tig­ter Men­schen zu­ge­nom­men. Im För­der­be­reich wach­se da­her der Be­darf an För­de­rung und Pfle­ge. Des­halb sei der Be­reich “Fak­tor C” für Men­schen mit psy­chi­schen Er­kran­kun­gen wich­tig. Doch auch, was dort ge­leis­tet wird, sei au­ßer­halb oft nicht be­kannt. sagt Diet­lind Bey­er. Manch­mal sei die Ar­beit auch ein­fach an­stren­gend, gibt sie un­um­wun­den zu. Dann er­hof­fe sie sich Ent­las­tung, Denn der Be­ruf sei kom­plex. “Wir küm­mern uns um Pfle­ge, För­de­rung und Ar­beit.” Da wün­sche sie sich manch­mal mehr An­er­ken­nung. Die bes­te Be­stä­ti­gung be­kom­me die Ca­ri­tas-Werk­statt aber durch die aus­ge­lie­fer­ten Wa­ren. “un­se­re Eigenprodukte.”

Viel­fä­lig und inspirierend

Viel­fä­lig und inspirierend

Viel­fä­lig und inspirierend

Von Klaus D. Gro­te | Ora­ni­en­bur­ger Generalanzeiger

Drei Pro­duk­ti­ons­lei­ter über die Krea­ti­vi­tät an den Standorten

Die Ca­ri­tas-Werk­statt St.Johannesberg in Ora­ni­en­burg­fei­ert 2016 ihr 25-jäh­ri­ges Be­stehen. Au­ßer­dem wur­de am Ader­luch ein drit­ter Pro­duk­ti­ons­stand­ort er­öff­net. Wei­ter sol­len die Werk­stät­ten nach An­ga­ben von Ge­schäfts­füh­rer Chris­toph Lau zu­nächst nicht wach­sen. Zum Ju­bi­lä­um sprach Klaus D. Gro­te: mit den Pro­duk­ti­ons­lei­tern der drei Werk­statt­stand­or­te, An­dré Ker­kow, Mar­cel Teich­mann und Sö­ren Neubert.

Den Job in ei­ner Be­hin­der­ten­Werk­statt be­kommt man nicht zu­fäl­lig. Wie wird man Pro­duk­ti­ons­lei­te­rin der Caritas-Werkstatt?
Ker­kow: Die meis­ten hier sind Quer­ein­stei­ger und ha­ben vor­her wo­an­ders ei­nen Be­ruf ge­lernt. Ich war Werk­zeug­ma­cher. Beim Wech­sel in die Ca­ri­tas-Werk­statt hat­te ich zwei Am­bi­tio­nen: Die Wohn­ort­nä­he spiel­te schon auch eine Rol­le. Aber vor al­lem der Wunsch, mich so­zi­al zu en­ga­gie­ren und mit Men­schen zu ar­bei­ten. Durch die be­hin­der­te Tan­te mei­ner Frau hat­te ich be­reits frü­he ei­nen be­son­de­ren Be­zug zu Men­schen mit Be­hin­de­rung ent­wi­ckelt und den Hil­fe­be­darf er­kannt. Ich habe um­ge­dacht. Ich hat­te im­mer den An­spruch, dass die Leu­te hier nicht als Bitt­stel­ler da­ste­hen. Trotz­dem brau­chen sie För­de­rung. Und ich habe Hoch­ach­tung vor mei­nen Kol­le­gen, die hier im För­der­be­reich ar­bei­ten und den höchs­ten Pfle­ge­auf­wand ha­ben. Und vor den Grup­pen­lei­tern im Be­rufs­bil­dungs­be­reich, die “die jun­gen Wil­den”, die von der För­der­schu­le kom­men, aufs Le­ben vor­be­rei­ten. Vie­len in der Be­völ­ke­rung sind die Men­schen, die hier ar­bei­ten gar nicht be­kannt. In der DDR war das et­was an­ders, da gab es in je­dem Be­trieb auch Be­hin­der­te, die in­te­griert wa­ren. Be­hin­der­te soll­ten in der Ge­sell­schaft aber nicht au­ßen vor blei­ben son­dern mit­ten drin sein. So ähn­lich muss es jetzt auch mit den Flücht­lin­gen sein.
Neu­bert: lch kann­te schon die Ca­ri­tas-Werk­statt in Ber­lin. Die ist mehr als dop­pelt so alt und sehr ein­ge­fah­ren. Hier be­we­gen wir uns schnel­ler. Und ich er­le­be die Werk­statt als sehr bunt, das be­trifft nicht nur die Far­ben im Ge­bäu­de und Im Auf­tritt, son­dern vor­al­lem die Men­schen hier und die Viel­falt der Mög­lich­kei­ten. Als ich hier­her kam, woll­te ich et­was Neu­es ma­chen, et­was Pro­duk­ti­ves, des­sen Ba­sis der Mensch ist. Es geht da­bei nicht ums Geld­ver­die­nen. Da be­kommt man in an­de­ren Jobs si­cher­lich mehr. Hier kommt man mit der Hälf­te des Gel­des we­sent­lich wei­ter. Ich füh­le mich gut aufgehoben.
Teich­mann: Ich habe, auch durch mei­ne kirch­lich ge­präg­te Er­zie­hung und den Kriegs­er­satz­dienst schnell fest­ge­stellt, dass es noch ei­nen Be­reich ne­ben der frei­en Wirt­schaft und mei­nem bei VW er­lern­ten Be­ruf gibt. Die Ca­ri­tas-Werk­statt habe ich als viel­fäl­tig und in­spi­rie­rend ken­nen­ge­lernt. Je­der hier hat ei­nen an­de­ren Hin­ter­grund. So eine “Ar­ten­viel­falt” gibt es an­ders­wo kaum. Ich kom­me ger­ne und mit freu­de zur Ar­beit. Es macht Spaß hier.

Was zeich­net denn die­se “Ar­ten­viel­falt” aus?
Teich­mann: Die Viel­falt führt zu un­ter­schied­lichs­ten Her­an­ge­hens­wei­sen. Der eine ist Bä­cker, ei­ner Elek­tri­ker und der An­de­re hat Heil­päd­ago­gik ge­lernt. Je­der hat ei­nen an­de­ren Blick­win­kel und bringt sich an­ders ein, aber alle zie­hen an ei­nem Strang. Des­halb gibt es auch im­mer eine Lö­sung, die Kuh vom Eis zubekommen.
Ker­kow: Wo hat man denn die Mög­lich­keit, in eine Wä­sche­rei zu schau­en, in eine Kü­che, in eine Holz­werk­statt, in den pfle­ge­ri­schen Be­reich und in eine Wer­be­mit­tel­werk­statt, das al­les an ei­nem Or tund je­den Tag? Gleich­zei­tig­be­kom­men wir Ein­bli­cke in gro­ße Un­ter­neh­men, zum Bei­spiel Ora­fol und Her­litz, die wir be­lie­fern. Es ent­ste­hen auch vie­le Kon­tak­te. Das hat man in ei­nem nor­ma­len Be­trieb so nicht.
Neu­bert: Wir ha­ben ei­nen ge­wal­ti­gen Pool aus Fach­kom­pe­ten­zen. Dar­aus er­ge­ben sich In­ter­es­san­te Lö­sun­gen. ln an­de­ren Fir­men muss so­et­was als Be­ra­tung teu­er ein­ge­kauft werden.

Was hat sich denn in den 25 Jah­ren seit der Grün­dung der Werk­statt verändert?
Teich­mann: Werk­statt ist nicht mehr Be­sen­bin­den und Töp­fern, Werk­statt ist et­was ganz an­de­res heu­te. Wenn je­mand ein Ca­te­ring bestellt,und noch ei­nen Gärt­ner sucht kann ich sa­gen, “das ma­chen wir auch”. Wir pflas­tern auch die Wege und wir nä­hen auch. Die Werk­statt kann heu­te noch viel mehr.

Aber was un­ter­schei­det die Werk­statt von Be­trie­ben der frei­en Wirtschaft?
Ker­kow: Es gibt si­cher­lich Be­rei­che mit sehr ho­hen Qua­li­täts­an­sprü­chen, zum Bei­spiel in der Me­di­zin­tech­nik, die wir nicht er­fül­len kön­nen. Da gibt es Spe­zia­lis­ten. Aber wir sind mitt­ler­wei­le schon sehr gute Dienst­leis­ter. Und wir ho­len uns auch Rat und Tat von Ex­ter­nen, zum Bei­spiel für Spe­zi­al­dru­cke. Wenn wir et­was gar­nicht kön­nen, be­kommt der Kun­de eine nett ver­pack­te Ab­sa­ge. Aber das kommt in den sel­tens­ten Fäl­len vor. Al­les Mög­li­che mög­lich zu ma­chen – der Spruch passt schon ganz gut zu uns.
Neu­bert: Bei uns gibt es na­tür­lich im Ver­gleich zur frei­en Wirt­schaft mehr Man­power als Ma­schi­nen. Was bei uns acht Leu­te ma­chen, macht wo­an­ders Ei­ner, und den Rest macht die Ma­schi­ne, aber mit Man­power kön­nen wir auch et­was rei­ßen, was wo­an­ders nicht mög­lich ist. Wir brau­chen Ar­beit, die wir in ein­zel­ne Ar­beis­schrit­te zer­le­gen und gut an vie­le Be­schäf­tig­te ver­tei­len kann. Trotz­dem müs­sen wir die Wei­er­bil­dung aus­wei­ten und auch das be­triebs­wirt­schaft­li­che Know-how verbessern.Wir ha­ben aber ein gu­tes Fort­bil­dungs­pro­gramm, na­tür­lich hämgt auch im­mer viel von der Ei­gen­in­itia­ti­ve ab.
Teich­mann: Von ho­hen Stück­zah­len aus­ge­nom­men ist die Wer­be­tech­nik, die Uni­ka­te macht. Wenn am Alex­an­der­platz um­ge­baut wird, ist das 15 Qua­drat­me­ter gro­ße Bau­schild von uns. Und wenn ein Pfle­ge­dienst sei­ne 200 Fahreu­ge be­schrif­ten lässt, kom­men die Schil­der von uns. Wir ha­ben auch ein von Frank Zan­der ge­spon­ser­tes Fahr­zeug der Käl­te­hil­fe beschriftet.

Mit der Er­öff­nung des neu­en Stand­orts am Ader­luch gibt es seit 1. Fe­bru­ar drei Pro­duk­ti­ons­lei­ter für drei Stand­or­te. Was ist da­durch anders?
Ker­kow: Zu­nächst mal hab ich mich schwe­ren Her­zens vom Hei­de­ring ge­trennt. Die Werk­statt dort habe ich mit auf­ge­baut und sie hat sich gut ent­wi­ckelt. Der Stand­ort Hei­de­ring hat sei­nenei­ge­nen Charme – mit al­lem Drum und Dran. Wir woll­ten aber Le­thar­gie und Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten vor­beu­gen. Und der Haupt­stand­ort ist mir nicht fremd. Jetzt hab ich 240 Be­schäf­tig­te, vor­her wa­ren es 170. Im Mo­ment wer­de ich von Ar­beit erschlagen.
Teich­mann: Ge­nau, es ging auch dar­um, ge­wohn­te Kon­stel­la­tio­nen auf­zu­bre­chen und neue Rol­len zu fin­den und da­bei Res­sour­cen frei­zu­set­zen. Jetzt kann man se­hen, was aus den Leu­ten noch an­de­res raus­zu­ho­len ist.

Was ist denn aus Ih­nen noch rauszuholen?
Teich­mann: Zu­letzt hat­ten wir mit Bau und Um­zug zu­tun. Viel­leicht kann ich die Fra­ge nach ei­nem Jahr be­ant­wor­ten, wenn sich al­les ein­ge­spielt hat. Aber ich bin fro­hen Mutes.

Wie er­klä­ren Sie den Be­schäf­tig­ten die Veränderung?
Neu­bert: Ver­än­de­run­gist für Vie­le ein ge­fürch­te­tes The­ma, ge­ra­de wenn man ne­ga­ti­ve Er­fah­rung mit Ver­än­de­rung ge­macht hat. Aber wir wol­len zei­gen, dass Ver­än­de­rung auch an­ge­nehm sein kann – und das Gan­ze mit ei­ner Ge­schwin­dig­keit, bei der je­der mit­hal­ten kann. Ich per­sön­lich er­hof­fe mir ei­ni­ge Frei­räu­me für Krea­ti­vi­tät und für Ge­sprä­che mit den Leu­ten in der Werk­statt. Wir müs­sen schau­en, wie sich das Haus und die Ar­bei­ten ewi­ckeln sollen.
Ker­kow: Ver­än­de­rung soll ja statt fin­den. Wir woll­ten neu­en Schwung in die Sa­che brin­gen. Sonst hät­te es die­se neue Kon­stel­la­ti­on mit uns drei Pro­duk­ti­ons­lei­tern nicht ge­ge­ben. Wir ver­spre­chen uns neue lm­pul­se Das Mit­ein­an­der soll wei­ter ge­stärkt wer­den. Und je­der von uns Drei­en hat da­bei ei­nen an­de­ren Fo­kus. Na­tür­lich neh­men wir Rück­sicht auf die Un­ter­schie­de der Leu­te. Die Be­schäf­tig­ten bei Fak­tor C sind da zum Bei­spiel viel sen­si­bler. Wir wol­len das Gute über­neh­men und ver­su­chen. mit un­se­rer ei­ge­nen In­spi­ra­ti­on Ar­beit zu ei­nem noch bes­se­ren Er­geb­nis zu führen.
Neu­bert: Wir müs­sen das sen­si­bel an­pa­cken. Für vie­le Be­schäf­tig­te, die kei­ne Fa­mi­lie ha­ben und für die wir auch Be­zugs­per­son sind, ist die Werk­statt auch das Wohn­zim­mer. Wenn man das weiß und ak­zep­tiert, macht es Spaß, hier zu ar­bei­ten. Ich habe noch kei­nen Be­trieb er­lebt, in­dem man so lie­be­voll emp­fan­gen wird, egal von wel­cher Seite.

Steck­brie­fe

And­re Ker­kow: 50 Jah­re, Ora­ni­en­bur­ger, ge­lern­ter Werk­zeug­ma­cher, seit 2003 in der Ca­ri­tas-Werk­statt, 2006 Be­reichs­lei­ter, 2009 Pro­duk­ti­ons­lei­ter in der Werk­statt am Hei­de­ring, seit März Pro­duk­ti­ons­lei­ter Haupt­werk­statt Ber­li­ner Stra­ße, hat in der Aus­bil­dung noch ge­lernt, Werk­zeu­ge mit der Hand herzustellen.
Mar­cel Teich­mann: 37 Jah­re, Ora­ni­en­bur­ger, seit 2009 Grup­pen­lei­ter am Hei­de­ring und seit 2010 Ar­beits­vor­be­rei­ter. Seit März Stand­ort­lei­ter und Pro­duk­ti­ons­lei­ter am neu­en Stand­ort am Ader­luch und ver­ant­wort­lich für 60 Be­schäf­tig­te. War schon als Zivi in der Ca­ri­tas-Werk­statt. Spielt Fuß­ball beim TuS Sach­sen­hau­sen und trai­niert die werks­ei­ge­ne Fuß­ball­mann­schaft, hat es mit ihr zwei­mal zur Meis­ter­schaft in der Lan­des­li­ga der Be­hin­der­ten­mann­schaf­ten gebracht.
Sö­ren Neu­bert: 37 Jah­re, Ber­li­ner, Pro­duk­ti­ons­lei­ter am Hei­de­ring, hat Kom­mu­ni­ka­ti­ons­elek­tro­ni­ker ge­lernt, war im Ver­trieb und Mar­ke­ting tä­tig und hat Soft­ware ver­trie­ben. Kam durch eh­ren­amt­li­che Tä­tig­keit im Pan­kower Hos­piz zur Ca­ri­tas. War zu­nächst Grup­pen­lei­ter in der Werbemittelwerkstatt.

Un­ge­wöhn­li­che Werkstatt

Un­ge­wöhn­li­che Werkstatt

Un­ge­wöhn­li­che Werkstatt

Von Klaus D. Gro­te | Ora­ni­en­bur­ger Ge­ne­ral­an­zei­ger | Titel

Spie­len und ar­bei­ten: Der Chef der Ora­ni­en­bur­ger Ca­ri­tas-Werk­statt St. Jo­han­nes­berg, Chris­toph Lau (Mit­te), hat am Don­ners­tag­nach­mit­tag den neu­en Stand­ort am Ader­luch of­fi­zi­ell in Be­trieb ge­nom­men. Im frü­he­ren und to­tal um­ge­bau­ten Aldi-Markt wer­den un­ter an­de­rem Wer­be­mit­tel her­ge­stellt. Stand­ort­lei­ter Mar­cel Teich­mann (rechts) hat für die Pau­sen ei­nen Ki­cker in die Kan­ti­ne ge­stellt. ln der Ar­beits­zeit wacht er über ins­ge­samt 60 Be­schäf­tig­te. (Sei­te 4)

Letz­te Erweiterung

Letz­te Erweiterung

Letz­te Erweiterung

Von Klaus D. Gro­te | Ora­ni­en­bur­ger Generalanzeiger

Ca­ri­tas-Werk­statt will nach Er­öff­nung des neu­en Stand­orts nicht mehr wachsen 

Ora­ni­en­burg (OGA) | Nach mo­na­te­lan­ger Ver­zö­ge­rung und dem Weg­fall ei­nes wich­ti­gen Auf­trags hat die Ca­ri­tas-Werk­statt am Don­ners­tag ih­ren neu­en Stand­ort am Ader­luch in Be­trieb ge­nom­men. Es wird die vor­erst letz­te Er­wei­te­rung sein.

Nur die beige-brau­nen Flie­sen er­in­nern an den frü­he­ren Mie­ter. “Ich bin be­geis­tert. Was man aus Aldi al­les ma­chen kann”, sagt ein Be­su­cher, der am Don­ners­tag­nach­mit­tag in das Wohn- und Ge­schäfts­haus am Ader­luch ge­kom­men ist, um der Er­öff­nung des neu­en Werk­statt­stand­orts der Ca­ri­tas bei­zu­woh­nen. Jah­re­lang stand die frü­he­re Dis­coun­ter-Fi­lia­le leer. Auch ein Back­shop und eine Schle­cker-Fi­lia­le wa­ren längst ge­schlos­sen. Die Ca­ri­tas bau­te gründ­lich um. Sicht­be­ton, knall­ro­te Wän­de, LED-Be­leuch­tung und hel­le Ar­beits­plät­ze be­herr­schen jetzt das Bild. Stand­ort­lei­ter Mar­cel Teich­mann nimmt ei­nen klei­nen Tret­rol­ler, wenn er von sei­nem Büro über die lan­gen Flu­re in die Werk­stät­ten will.

Ins­ge­samt 60 Be­schäf­tig­te ar­bei­ten in der Wer­be­mit­tel­tech­nik, der Kan­ti­ne und dem För­der­be­reich B.Plus. Sie stel­len un­ter an­de­rem No­tiz­hef­te her, kle­ben Eti­ket­ten auf di­cke Blei­stif­te, fal­ten und hef­ten Pro­spek­te. Der Schreib­wa­ren­her­stel­ler Her­litz, der heu­te zu Pe­li­kan ge­hört, ist ein wich­ti­ger Auf­trag­ge­ber. Doch ur­sprüng­lich soll­te die 990 Qua­drat­me­ter gro­ße frü­he­re La­den­flä­che für die Boh­rer­vor­fer­ti­gung ge­nutzt wer­den. Denn die Auf­trä­ge der Fir­ma Güh­ring wur­den im­mer grö­ßer. Als der Um­bau des al­ten Aldi ‑Mark­tes be­gann, ent­zog Güh­ring dann sämt­li­che Auf­trä­ge we­gen ei­nes Stand­ort­wech­sels. Die Ca­ri­tas-Werk­statt muss­te kom­plett um­pla­nen. Der Er­öff­nungs­ter­min am Ader­luch wur­de verschoben.

Wir ha­ben aus der Not eine Tu­gend ge­macht. Heu­te könn­te man fra­gen , war­um ha­ben wir es nicht von An­fang an so ge­plant?”, sagt Werk­statt­lei­ter Chris­toph Lau. Er habe noch nie so fro­he Mit­ar­bei­ter bei ei­nem Um­zug er­lebt. Tat­säch­lich schei­nen alle zu­frie­den zu sein. Pro­duk­ti­ons­be­rei­che be­gan­nen vor sechs Wo­chen mit dem Um­zug von der Ber­li­ner Stra­ße zum Ader­luch. An bei­den Stand­or­ten ha­ben die Be­rei­che jetzt deut­lich mehr Platz. Grup­pen­lei­te­rin Sil­ke Tro­jan ist sicht­lich zu­frie­den. Auch des­halb, weil sie wäh­rend der Ar­beits­zeit ein­fach die La­den­tü­ren der frü­he­ren Schle­cker-Fi­lia­le öff­nen und mit den Nach­barn plau­schen kann.

450 000 Euro wur­den in den Um­bau in­ves­tiert. “Es ist die letz­te Er­wei­te­rung für sehr, sehr lan­ge Zeit”, sagt Chris­toph Lau. “Wir wer­den nicht mehr grö­ßer und kön­nen uns dar­auf kon­zen­trie­ren, bes­ser zu wer­den.” 408 Men­schen sind in der Ora­ni­en­bur­ger Ca­ri­tas-Werk­statt ins­ge­samt be­schäf­tigt, zwölf Stel­len sind nicht be­setzt. An ei­nem wei­te­ren Wachs­tum be­steht of­fen­bar kein Be­darf mehr. Es sei auch schön, je­den Be­schäf­tig­ten mit Na­men zu ken­nen, sagt Lau.

Der weg­ge­fal­le­ne Auf­trag für die Boh­rer­vor­fer­ti­gung wur­de in­zwi­schen kom­pen­siert. Für die Fir­ma Frie­sen aus dem Ge­wer­be­ge­biet Nord wer­den alte Au­to­tei­le wie An­las­ser und Licht­ma­schi­nen kom­plett zer­legt. Bei Frie­sen wer­den die brauch­ba­ren Tei­le dann re­cy­celt. Die Ar­beit sei ei­gent­lich viel in­ter­es­san­ter und ab­wechs­lungs­rei­cher als die Boh­rer­vor­fer­ti­gung, sag­te Grup­pen­lei­ter Bernd Kretz­schmer. “Es ist schön, mal was Neu­es zu ma­chen.” Et­was Neu­es wagt die Ca­ri­tas auch in dem al­ten Aldi-La­den. Der Tisch­ki­cker, eine Idee vom Stand­ort­lei­ter Mar­cel Teich­mann, kommt bei den Be­schäf­tig­ten gut an. Wo sich frü­her Schlan­gen an den Su­per­markt­kas­sen bil­de­ten, ste­hen die Leu­te jetzt zum Spie­len an.

Ler­nen, ar­bei­ten und woh­nen als Dreiklang

Ler­nen, ar­bei­ten und woh­nen als Dreiklang

Ler­nen, ar­bei­ten und woh­nen als Dreiklang

Von Tors­ten Mül­ler | Ora­ni­en­burg Aktuell

Trom­mel­klän­ge er­füll­ten in den ver­gan­ge­nen Wo­chen je­den Diens­tag das Ge­län­de vom St. Jo­han­nes­berg. Ei­gens für den Fest­um­zug zur 800-Jahr-Fei­er der Stadt hat sich in der Ca­ri­tas-Werk­statt für be­hin­der­te Men­schen eine Trom­mel­grup­pe ge­bil­det, die wäh­rend des Mar­sches durch die In­nen­stadt für or­dent­li­chen Wir­bel sor­gen will.

Au­ßer­dem ha­ben wir auch eine ei­ge­ne Tanz­grup­pe da­bei, wenn sich der ge­sam­te Stand­ort des Jo­han­nes­bergs im Rah­men des Um­zu­ges den Ora­ni­en­bur­gern prä­sen­tiert”, kün­digt die So­zi­al­ar­bei­te­rin der Ca­ri­tas-Werk­statt, Ka­tha­ri­na Rie­del, an. Be­schäf­tig­te, Be­woh­ner und Schü­ler des Jo­han­nes­bergs wer­den bei ih­rem le­ben­di­gen Schau­bild im Rah­men des Fest­um­zu­ges ei­nen Bo­gen von den An­fän­gen des Stand­or­tes als christ­li­ches Wai­sen­heim der Do­mi­ni­ka­n­er­schwes­tern von Are­n­berg vor über 100 Jah­ren zum heu­ti­gen Drei­klang von Ler­nen, Ar­bei­ten und Woh­nen un­ter dem ge­mein­sa­men Dach der Ca­ri­tas Fa­mi­li­en- und Ju­gend­hil­fe gGmbH schlagen.

Sie zei­gen – un­ter an­de­rem auch mit Hil­fe ei­nes auf­wen­dig ge­stal­te­ten Lkw, wie aus der eins­ti­gen Som­mer­vil­la in der Ber­li­ner Stra­ße ein mo­der­ner Kom­plex mit Werk­hal­len für über 400 Be­schäf­tig­te, mit Wohn­ge­bäu­den für über 100 Frau­en und Män­ner und der För­der­schu­le mit rund 70 Mäd­chen und Jun­gen ent­stan­den ist.

Um die 180 Mit­ar­bei­ter, Be­treu­er und Leh­rer sor­gen da­bei in der Werk­statt, in der Schu­le und in den un­ter­schied­li­chen Wohn­pro­jek­ten für eine op­ti­ma­le För­de­rung und Be­glei­tung der be­hin­der­ten Ju­gend­li­chen und Er­wach­se­nen. “Wir sind zwar drei selb­stän­dig ar­bei­ten­de Ein­rich­tun­gen”, sagt der stell­ver­tre­ten­de Lei­ter der Ca­ri­tas-Werk­stät­ten Ha­rald Hoh­berg, “aber wir ar­bei­ten na­tür­lich eng zu­sam­men und er­gän­zen uns ge­gen­sei­tig.” So fin­den zum Bei­spiel rund 80 Pro­zent der Schü­ler in den ver­schie­dens­ten Be­rei­chen der Werk­statt ei­nen Ar­beits­platz. Sie ha­ben sich zu­vor in Prak­ti­kas und im Be­rufs­bil­dungs­be­reich der Werk­statt auf ihre Be­schäf­ti­gung vor­be­rei­ten kön­nen. Auch die meis­ten Jo­han­nes­berg-Be­woh­ner kön­nen ihre Ar­beits­fä­hig­kel­ten di­rekt in der Nach­bar­schaft in der Me­tall­ver­ar­bei­tung oder Wer­be­mit­tel­fer­ti­gung, in der Mer­chan­di­sin­g­pro­duk­ti­on, in Kü­che oder Wä­sche­rei, in Gar­ten- und Land­schafts­pfle­ge oder Im­ke­rei so­wie in Mon­ta­ge, De­mon­ta­ge und Ver­pa­ckung be­wei­sen und wei­ter entwickeln.

Da­mit ist die vor 25 Jah­ren ge­grün­de­te Werk­statt, die ge­ra­de eine wei­te­re Au­ßen­stel­le im Ader­luch 54 in Ora­ni­en­burg-Nord er­öff­ne­te, zum Herz­stück des Kom­ple­xes ge­wor­den. “Wir be­rei­ten der­zeit auch schon wie­der un­ser Jo­han­nes­fest vor, das wir tra­di­tio­nell mit Schu­le und Wohn­be­reich an un­se­rem Na­mens­tag, 24. Juni, fei­ern”, kün­digt Hoh­berg an. Erst­mals wird es dann am Abend (ab 19 Uhr) auch ei­nen öf­fent­li­chen Ver­an­stal­tungs­teil mit Film­nacht und Mu­sik ge­ben, bei dem sich Ora­ni­en­bur­ger mit ei­ge­nen Au­gen ei­nen Über­blick über die Ent­wick­lun­gen vor Ort ver­schaf­fen können.

Um­zug in die neue Werkstatt

Um­zug in die neue Werkstatt

Um­zug in die neue Werkstatt

Von An­drea Ka­thert | Mär­ki­sche All­ge­mei­ne Zeitung

Die Ca­ri­tas-Ein­rich­tung er­wei­tert sich um ei­nen Stand­ort arn Ader­luch und fei­ert gleich­zei­tig ihr 25-jäh­ri­ges Bestehen

Ora­ni­en­burg | “Die Mit­ar­bei­ter sind schon rich­tig heiß drauf, hier zu ar­bei­ten”, sagt Ca­ri­tas-Werk­statt­lei­ter Chris­toph Lau. Ge­mein­sam mit Mar­cel Teich­mann spricht er die letz­ten Punk­te durch, da­mit im Ader­luch 54 bald der Werk­statt­be­trieb be­gin­nen kann. “Der Chef ist schon da”, lacht Lau und zeigt das noch spär­lich ein­ge­rich­te­te Büro von Mar­cel Teich­mann. Doch was viel wich­ti­ger ist, in der Ecke steht be­reits der ers­te neue Auf­trag. Er kommt von den Ober­ha­vel Ver­kehrs­be­trie­ben. “Wir be­schrif­ten 200 Hal­te­stel­len­schil­der für die OVG”, sagt Teich­mann, der Pro­duk­ti­ons­lei­ter im Ader­luch sein wird. Es ist der drit­te Stand­ort, den die Ca­ri­tas-Ein­rich­tung St. Jo­han­nes­berg in Ora­ni­en­burg be­trei­ben will. Ne­ben dem Haupt­sitz in der Ber­li­ner Stra­ße und dem Un­ter­neh­mens­teil “Fac­tor C” im Hei­de­ring ist nun im Ader­luch 54 eine neue Werk­statt entstanden.

Im Herbst ver­gan­ge­nen Jah­res be­gann der Um­bau des ehe­ma­li­gen Aldi-Mark­tes, der vie­le Jah­re leer stand. Von der tris­ten dunk­len Hal­le mit den kah­len Be­ton­wän­den ist nicht mehr viel üb­rig ge­blie­ben. Nur ganz be­wusst wur­de an ei­ni­gen Wän­den der Sicht­be­ton er­hal­ten – we­gen des in­dus­tri­el­len Charmes. An­sons­ten strahlt das ty­pi­sche, war­me Ca­ri­tas-Rot von den Wän­den, un­ter­bro­chen von den mar­kan­ten Pik­to­gram­men des Unternehmens.

In der Mit­te der Hal­le wur­de ein wür­fel­ar­ti­ger Kom­plex für Um­klei­de­räu­me, Sa­ni­tär­an­la­gen, Du­schen, The­ra­pie- und Ru­he­räu­me er­rich­tet. Von dem Flur aus, der sich um den Kom­plex rund­her­um schlän­gelt, sind die hel­len Ar­beits­räu­me der Grup­pen zu er­rei­chen. Noch ste­hen sie leer. Aber im Ein­gangs­be­reich ist der groß­zü­gi­ge Spei­se- und Pau­sen­raum schon mö­bliert. Nur die Lam­pen über den Ti­schen feh­len noch. Eine der sechs Ar­beits­grup­pen, die bald ein­zie­hen, küm­mert sich um die Kü­che, de­ren Tre­sen in den Spei­se­raum reicht. “Wir wer­den ein rich­ti­ges Früh­stücks­me­nü an­bie­ten”, sagt Mar­cel Teich­mann. Das Mit­tag­essen kommt aus der Haupt­werk­statt und wird in der Kü­che im Ader­luch ausgegeben.

Im Lau­fe der Um­bau­ar­bei­ten muss­te die Werk­statt­lei­tung noch mal um­dis­po­nie­ren. Ur­sprüng­lich soll­te im Ader­luch ein Groß­auf­trag für die Fir­ma G‑Elit aus Ber­lin-Rei­ni­cken­dorf, die Prä­zi­si­ons­werk­zeu­ge her­stellt, aus­ge­führt wer­den. “Aber die Fir­ma schließt ih­ren Sitz”, er­zählt Chris­toph Lau. Des­halb wer­den nun in der neu­en Werk­statt Be­schäf­tig­te ih­ren Ar­beits­platz fin­den, die weit­aus ein­fa­che­re Auf­trä­ge er­le­di­gen und mehr Pa­pier- und Wer­be­ar­ti­kel her­stel­len. “Das ist für uns ein wach­sen­der Ar­beits­be­reich”, meint Chris­toph Lau. Das be­deu­tet aber auch, dass die Be­schäf­tig­ten mehr Be­treu­ung brau­chen und die Grup­pen klei­ner sind. Des­halb wur­de auch für die So­zi­al­ar­bei­te­rin­nen Iris Arndt und Ve­ro­ni­ka Pri­wit­zer ein Raum ein­ge­rich­tet. “Die bei­den wer­den tem­po­rär hier ar­bei­ten” er­klärt Lau. “Trotz der neu­en Werk­statt sind wir ja ins­ge­samt nicht mehr Mit­ar­bei­ter ge­wor­den.” Nächs­te Wo­che zieht die ers­te Grup­pe ein. Am 20. Juni ist dann die Werk­statt voll be­legt. Die 60 Ca­ri­tas-Be­schäf­tig­ten freu­en sich auf ih­ren Ar­beits­ort. “Wäh­rend der Bau­pha­sen wa­ren sie im­mer mal hier”, er­zählt Teichmann.

Die Er­öff­nung der neu­en Werk­statt fällt fast ge­nau auf das 25-jäh­ri­ge Be­stehen, das Ca­ri­tas-Mit­ar­bei­ter und Be­schäf­tig­te heu­te mit ei­nem klei­nen Fest­akt fei­ern. In der druck­fri­schen Fest­bro­schü­re, die da­bei ver­teilt wird, kom­men vie­le Men­schen zu Wort, die die­se 25 Jah­re mit­er­lebt haben.

Von An­fang an dabei

Vor 25 Jah­ren wur­de die Ca­ri­tas-Werk­statt St. Jo­han­nes­berg in der Ber­li­ner Stra­ße er­öff­net. Die­se Be­schäf­tig­ten wa­ren von An­fang an dabei:
And­re Nal­eppa ist noch ge­nau­so be­geis­tert von sei­ner Ar­beit, wie vor 25 Jahren.
An­drea Voll­mer er­in­nert sich gern an ihre Zeit mit And­re Pe­try­ka, mit dem sie oft zu­sam­men ge­lacht hat.
An­ge­li­ka Kopitz­kes Ar­beits­platz ist die Kü­che, bis heu­te be­kocht sie den ge­sam­ten Jo­han­nes­berg mit.
Ra­mo­na Sau­bahn möch­te im­mer bei Sil­ke Dar­gel in der Grup­pe bleiben.
Jür­gen Gat­zek wünscht sich, dass al­les so bleibt.
Det­lef Gru­be fin­det, am An­fang war die Werk­statt noch schön klein.
Britt Ka­min­ski macht heu­te leich­te­re Ar­bei­ten und hat mehr Freu­de daran.
Bri­git­te Schau­er wür­de gern noch 25 Jah­re wei­ter so arbeiten.
Bernd Hoff­mann freut sich, bald im Ader­luch ar­bei­ten zu können.
Pe­ter ja­ku­mow­sky mag am liebs­ten Trak­tor­fah­ren mit Roland.
lngo Hen­ning wünscht sich mehr Lohn für die Ar­bei­ten, die anfallen.
Kat­rin Rie­bow hofft, dass die Werk­statt wei­ter­hin lan­ge be­stehen bleibt.
Mi­cha­el Brock spielt je­den Frei­tag in der Thea­ter­grup­pe mit.
Die­ter Zehli­cke moch­te am liebs­ten die Ar­beit mit den Hausmeistern.
Sa­bi­ne Blaszc­zyk ist bei Can­ti­na im Hei­de­ring und möch­te dort bleiben.
Pe­tra Pip­pig er­in­nert sich gut an die Räu­me in der Ber­li­ner Stra­ße 60a.
Rai­ner Lesch­ke mag am liebs­ten schö­nes Es­sen kochen.
Sven Sei­fert wünscht sich, dass die Werk­statt im­mer Auf­trä­ge bekommt.
Ste­fan Mietz fin­det, an der Ar­beit ist al­les gut.
Roy Schmidt mag Aus­flü­ge, Fes­te und Feiern.
Ste­fan Gei­se­l­er denkt, die EM 2016 ge­winnt na­tür­lich Deutschland.
Cars­ten Krau­se freut sich im­mer, sei­ne Ar­beits­kol­le­gen zu sehen.
An­nett Ni­klas ers­ter Grup­pen­lei­ter war To­bi­as Ottlewski.

Leer­stand beendet

Leer­stand beendet

Leer­stand beendet

Von Klaus D. Gro­te | Ora­ni­en­bur­ger Generalanzeiger

Nach acht Jah­ren zieht in den frü­he­ren Aldi-Markt wie­der Le­ben ein I Ca­ri­tas er­wei­tert Werkstätten

Ora­ni­en­burg (OGA) | Der frü­he­re Aldi-Markt am Ader­luch wird rot. Mit dem Ein­zug der Ca­ri­tas-Werk­statt St. Jo­han­nes­berg kommt fri­sche, leuch­ten­de Far­be. Ab März sol­len die neu­en Räu­me dann auch ge­nutzt werden.

Schon lan­ge stan­den die La­den­lo­ka­le leer. Seit die­ser Wo­che wer­keln Hand­wer­ker im frü­he­ren Aldi-Markt und in zwei an­de­ren Ge­schäf­ten. Die frei­en 995 Qua­drat­me­ter nutzt künf­tig die Werk­statt für Boh­rer­roh­lin­ge. Auch die Wer­be­agen­tur der Ca­ri­tas, Fak­tor C, zieht an die neue Adres­se. Au­ßer­dem ent­ste­hen eine Kan­ti­ne und So­zi­al­räu­me. Der Um­zug ist für März ge­plant, sagt Chris­toph Lau, Lei­ter der Caritas-Werkstatt.

In den Hal­len in der Ber­li­ner Stra­ße gibt es da­mit mehr Platz. Die Werk­statt für Holz­bau, in der un­ter an­de­rem Beu­ten für Im­ker her­ge­stellt wer­den, be­kommt dann dop­pelt so viel Flä­che wie bis­her. Auch die Ab­tei­lung Gar­ten­bau kann sich ver­grö­ßern. Für wei­te­re Be­rei­che ent­steht mehr Raum, der be­nö­tigt wird. Au­ßer­dem wer­den die Mon­ta­ge­be­rei­che von den Ma­schi­nen räum­lich ge­trennt. Das macht die Ar­beits­plät­ze leiser.

Lau plant zu­dem, den Aus­bil­dungs­be­reich um­zu­bau­en, um die Azu­bis bes­ser qua­li­fi­zie­ren zu kön­nen. Der­zeit ar­bei­ten 50 Aus­zu­bil­den­de in der Ca­ri­tas-Werk­statt. Ins­ge­samt 420 Be­schäf­tig­te sol­len künf­tig an bei­den Ca­ri­tas-Stand­or­ten arbeiten.

Die Pro­duk­ti­on von Bohr­roh­lin­gen boomt und macht Er­wei­te­rung und Um­zug er­for­der­lich. 3,5 Mil­lio­nen Roh­lin­ge wer­den der­zeit mo­nat­lich für die in Ber­lin an­säs­si­ge Fir­ma Güh­ring pro­du­ziert. Der Auf­trag­ge­ber braucht künf­tig vier Mil­lio­nen Stück pro Mo­nat. Die­se Men­ge ist am jet­zi­gen Stand­ort nicht mehr zu schaf­fen. Am neu­en Stand­ort steht zu­dem eine An­lie­fe­rungs­ram­pe zur Verfügung.

Die Zahl der Mit­ar­bei­ter in der Boh­rer­vor­fer­ti­gung soll von 24 auf 36 stei­gen. Der Um­bau der seit acht Jah­ren leer ste­hen­den Ge­schäfts­räu­me, in dem sich ne­ben Aldi frü­her Schle­cker und ein Blu­men­la­den be­fan­den, er­folgt im We­sent­li­chen in Ei­gen­re­gie. Werk­statt­mit­ar­bei­ter zie­hen neue Wän­de und Tü­ren ein, und mon­tie­ren die Tech­nik. Zum neu­en Stand­ort ge­hört auch eine ei­ge­ne Kan­ti­ne. Rund 400 000 Euro wer­den in den Um­bau investiert.

Leuch­ten­des Rot prägt künf­tig die in­ne­ren und äu­ße­ren Be­rei­che der Werk­statt am Ader­luch. Die Au­ßen­an­sicht gibt es bis­lang nur in der Si­mu­la­ti­on der Gra­fik­de­si­gner. Der Aus­bau der Ka­pa­zi­tät kommt pünkt­lich zum Ju­bi­lä­um. Die Ca­ri­tas-Werk­statt St. Jo­han­nes­berg wird 25 Jah­re alt. Das soll Ende Mai ge­fei­ert wer­den, kün­digt Chris­toph Lau an.