Frei­tags gibt es Fisch

Frei­tags gibt es Fisch

Frei­tags gibt es Fisch

Von Klaus D. Gro­te | Ora­ni­en­bur­ger Generalanzeiger

Ab Mon­tag be­lie­fert die Kü­che der Ca­ri­tas Werk­statt St. Jo­han­nes­berg zwei Kin­der­ta­ges­stät­ten mit Mittagessen

Ora­ni­en­burg | Eine Mel­dung in der Zei­tung ist schuld. “Wir ha­ben ge­le­sen, dass die Kita Leucht­turm in der Run­ge­stra­ße bald er­öff­net wird und ha­ben ein­fach mal an­ge­fragt, ob man dort in­ter­es­siert ist, dass wir die Ein­rich­tung mit Es­sen be­lie­fern”, sagt Chris­toph Lau, Lei­ter der Werk­statt St. Johannesberg. 

Die Idee, die christ­li­che Kin­der­ta­ges­stät­te mit Mit­tag­essen zu ver­sor­gen, stieß auf Zu­stim­mung der Ver­ant­wort­li­chen der Bil­dungs­ein­rich­tung. Seit meh­re­ren Mo­na­ten wer­den die Kin­der im “Leucht­turm” nun mit­tags aus der Kü­che der Ca­ri­tas ver­sorgt. Das Es­sen kam so gut an, dass die Ora­ni­en­bur­ger Kita das An­ge­bot gleich wei­ter­emp­fahl. Ab kom­men­den Mon­tag wird das Kü­chen­per­so­nal der St. Jo­han­nes­berg-Werk­statt nun auch für die Kita im Ede­ner Stru­ve­weg kochen.

Bei­de Kin­der­ta­ges­stät­ten kön­nen im­mer aus zwei Mit­tag­essen aus­wäh­len”, er­klärt Chris­toph Lau. An­ge­bo­ten wird da­bei täg­lich eine ve­ge­ta­ri­sche Mahl­zeit. So steht zum Bei­spiel an ei­nem Mon­tag Schwei­nege­schnet­zel­tes nach “Zü­ri­cher Art” mit Nu­del­spi­ra­len oder ita­lie­ni­sche Mi­ne­stro­ne mit Nu­deln und fri­schem Ge­mü­se auf dem Spei­se­plan zur Aus­wahl. Zum Nach­tisch gibt es Weiß­kraut­sa­lat. Frei­tags wer­den – ganz tra­di­tio­nell – Fisch­ge­rich­te gekocht.

In Eden lie­fern wir au­ßer­dem noch eine Ves­per mit”, be­rich­tet Ha­rald Hoh­berg, Pro­duk­ti­ons­lei­ter der Werk­statt. Da­bei rich­tet sich die Ca­ri­tas-Kü­che nach dem Wunsch der Kita und de­ren Aus­rich­tung auf Voll­wert­kost und ge­sun­de Er­näh­rung. Für die klei­ne Zwi­schen­mahl­zeit am Nach­mit­tag wer­den so bei­spiels­wei­se Voll­korn­schnit­ten zu­be­rei­tet, oder es wird ein­fach Obst ge­reicht. “Wir bie­ten der Kita ei­nen Rund­um-Ser­vice”, fügt Werk­statt­lei­ter Lau hin­zu. Die Mit­ar­bei­ter der Werk­statt-Kü­che ko­chen und lie­fern das Es­sen näm­lich nicht nur in den Stru­ve­weg, son­dern küm­mern sich so­gar um die Por­tio­nie­rung der Es­sens­ra­tio­nen in der Kin­der­ta­ges­stät­te. Das dre­cki­ge Ge­schirr neh­men sie nach dem Es­sen auch gleich wie­der mit. “100 Jun­gen und Mäd­chen wer­den wir in Eden ver­sor­gen”, zeigt sich der Werk­statt-Lei­ter Lau stolz. In der Kita Leucht­turm sind es noch ein­mal 20 Kinder.

Selbst­ver­ständ­lich gel­ten da­bei stren­ge Vor­ga­ben der Ge­sund­heits­be­hör­de und wer­den die Kü­che in der Ber­li­ner Stra­ße so­wie die Ki­tas selbst re­gel­mä­ßig kon­trol­liert, wie Chris­toph Lau wei­ter be­rich­tet. Zu­sam­men mit Ha­rald Ho­berg freut er sich über die Auf­sto­ckung der Es­sens­pro­duk­ti­on: “Die Kü­che hat eine sehr gute Ent­wick­lung genommen.”

700 Es­sen wer­den nun pro Tag aus­ge­ge­ben. Zu den Be­lie­fe­run­gen der Kita Eden und der Kita Leucht­turm kommt noch die Ver­sor­gung der Be­leg­schaft in der Ca­ri­tas-Werk­statt, der Be­woh­ner in den Ca­ri­tas-Wohn­ein­rich­tun­gen in Ora­ni­en­burg und Schmach­ten­ha­gen so­wie der St. Jo­han­nes­berg-Schü­ler in der För­der­schu­le hin­zu. Au­ßer­dem un­ter­hält die Werk­statt der Ca­ri­tas noch die “Can­ti­na” im Ge­wer­be­park Nord. Seit 2009 gibt es die Kan­ti­ne. Da­mals nahm die Wer­be­agen­tur “Fak­tor C”, eben­falls ein Un­ter­neh­men, das zur Ca­ri­tas-Werk­statt ge­hört, ih­ren Be­trieb am Hei­de­ring auf. “Die Be­leg­schaft muss­ten wir na­tür­lich auch ver­sor­gen”, er­zählt Chris­toph Lau. So ent­stand die “Can­ti­na”.

Spei­sen dür­fen hier aber nicht nur An­ge­stell­te des Wohl­fahrts­ver­ban­des, son­dern je­der, der möch­te. Ab 7 Uhr kann in der Kan­ti­ne ge­früh­stückt wer­den. Ne­ben be­leg­ten Bröt­chen, Rühr- und Spie­gelei gibt es ver­schie­de­ne Kaf­fee- und Milch­ge­trän­ke zu kau­fen. Zwi­schen 11 und 14 Uhr kann dann aus den bei­den Mit­tag­essen, die auch den Kin­der­ta­ges­stät­ten zur Aus­wahl ste­hen, ge­wählt wer­den. Ob­wohl das Mit­tag­essen mit 3,40 Euro recht güns­tig ist, ist sich Chris­toph Lau si­cher, dass nie­mand hung­rig nach Hau­se ge­hen muss. “Wer nicht satt wird, kann sich ger­ne mel­den”, lacht der Werkstattleiter.

Um die gro­ße Spei­sen­pro­duk­ti­on ge­währ­leis­ten zu kön­nen, geht es für die ers­ten Mit­ar­bei­ter der Ca­ri­tas-Kü­che schon um 6 Uhr los. Im Lau­fe des Ta­ges küm­mern sich dann 20 An­ge­stell­te in der Ber­li­ner Stra­ße und wei­te­re zehn Mit­ar­bei­ter am Hei­de­ring um die Es­sens­zu­be­rei­tung. Fünf haupt­amt­li­che Kräf­te un­ter­stüt­zen beim Vor­be­rei­ten, Ko­chen, Aus­lie­fern und dem ab­schlie­ßen­den Put­zen von Kü­che und Ge­schirr. Wie in den üb­ri­gen Ar­beits­be­rei­chen der Werk­statt ist auch das Kü­chen­per­so­nal 36 Stun­den pro Wo­che im Dienst.

Und wer weiß, viel­leicht steht dem­nächst auch mal wie­der ein Pro­be-Es­sen auf ih­rem Ar­beits­plan. Denn eine Wo­che lang konn­ten die Kin­der aus den bei­den Ora­ni­en­bur­ger Kin­der­ta­ges­stät­ten erst­mal die Ge­rich­te aus der Ca­ri­tas-Kü­che tes­ten. Und: “Sie wa­ren zufrieden.”

Sau­be­re Sa­chen für den Knast

Sau­be­re Sa­chen für den Knast

Sau­be­re Sa­chen für den Knast

Von Brit­ta Kes­sing | Ora­ni­en­bur­ger Generalanzeiger

Ca­ri­tas Werk­statt St. Jo­han­nes­berg wäscht jetzt Be­klei­dung aus der JVA Neuruppin-Wulkow

Ora­ni­en­burg| 35 000 Ki­lo­gramm – so­viel Wä­sche wird in der Ca­ri­tas Werk­statt in die­sem Jahr zu­sätz­lich ge­rei­nigt. Bett­zeug, Hand­tü­cher, Blau­män­ner und All­tags­klei­dung der Ge­fan­ge­nen aus der JVA Neu­rup­pin-Wul­kow ge­hen seit ei­ni­gen Mo­na­ten durch die Hän­de der Mit­ar­bei­ter in der Wä­sche­rei im St. Jo­han­nes­berg in Oranienburg.

Das ist ein gro­ßer Wurf für uns”, freut sich Chris­toph Lau über den neu­en Auf­trag. Man habe sich auf die Aus­schrei­bung be­wor­ben und schließ­lich den Zu­schlag er­hal­ten, so der Lei­ter der Ca­ri­tas Werk­statt. Seit An­fang Mai die­sen Jah­res über­nimmt die Wä­sche­rei nun die Rei­ni­gung der Tex­ti­li­en aus dem Gefängnis.

Wir sind jetzt eine Hy­gie­ne-Wä­sche­rei , be­rich­tet Lau wei­ter. Dazu wird die so­ge­nann­te Schwarz-Weiß­tren­nung vor­ge­nom­men. “Dre­cki­ge und sau­be­re Wä­sche wird ge­trennt von ein­an­der be­han­delt”, er­klärt der Werk­statt­lei­ter das Prin­zip. Da­mit die Schmutz­wä­sche nicht mit der ge­wa­sche­nen Klei­dung in Kon­takt kommt, wer­den die Wasch­ma­schi­nen vor­ne be­la­den und die sau­be­ren Sa­chen auf der Rück­sei­te wie­der entnommen.

Um den Mehr­auf­wand leis­ten zu kön­nen, wur­de der Ma­schi­nen­park der Werk­statt mo­der­ni­siert und vor al­lem in Trock­ner und Wasch­ma­schi­nen in­ves­tiert. So, dass letz­te­re jetzt über eine au­to­ma­ti­sche Wasch­mit­tel­do­sie­rung ver­fü­gen. Neue Be­schäf­tig­te wur­den hin­ge­gen nicht ein­ge­stellt. Statt­des­sen wur­de im Be­reich Haus­wirt­schaft und Wä­sche­rei der Fo­kus ver­stärkt auf die Tex­til­rei­ni­gung ge­legt. “Die Kräf­te wur­den kon­zen­triert”, fasst Chris­toph Lau die per­so­nel­le Neu­aus­rich­tung in dem Ar­beits­be­reich zu­sam­men. Ge­mein­sam mit zwei Grup­pen­lei­te­rin­nen sor­gen mo­men­tan 24 Be­schäf­tig­te für sau­be­re Wä­sche. 36 Stun­den in der Wo­che schuf­ten sie da­für. Um 7 Uhr fan­gen die ers­ten an, bis um 16 Uhr läuft die Rei­ni­gung. Eine ziem­lich an­stren­gen­de Tä­tig­keit, wie der Werk­statt­lei­ter ver­deut­licht. So fin­det die Ar­beit über­wie­gend im Ste­hen statt. Zu­dem be­trägt die Tem­pe­ra­tur in den Räu­men oft 15 Grad mehr als die Au­ßen­tem­pe­ra­tur. “Wir ha­ben schon bis zu 50 Grad in der Wä­sche­rei ge­mes­sen”, so Lau. “Ne­ben­bei ist man hier auch noch in der Sau­na”, pflich­tet Grup­pen­lei­te­rin Sa­bi­ne Söh­ring ihm scher­zend bei.

Mo­ni­ka Czi­lin­ski scheint das nichts an­ha­ben zu kön­nen. Dass die Ar­beit durch­aus an­spruchs­voll ist, will sie nicht so rich­tig gel­ten las­sen. Es wirkt fast, als ob die An­er­ken­nung ih­rer Vor­ge­setz­ten ihr pein­lich ist. Lie­ber wen­det sie sich dem Wä­sche­hau­fen vor ihr im Roll­wa­gen zu. “Hand­schu­he nicht ver­ges­sen”, er­mahnt Sa­bi­ne Söh­ring, ihre Mit­ar­bei­te­rin, la­chend. So­gleich zieht Mo­ni­ka ein Paar aus dem Papp­kar­ton, stülpt sie sich über die Hän­de und legt dann los. Ge­konnt sor­tiert sie Hem­den und Ho­sen in Wä­sche­kör­be. Spä­ter wer­den die Sa­chen in die gro­ßen Ma­schi­nen ge­füllt, ge­wa­schen und je nach Be­darf ge­man­gelt, ge­bü­gelt und schließ­lich zu­sam­men­ge­fal­tet. Mit­un­ter wird die sau­be­re Wä­sche noch an den Kun­den ge­lie­fert und die dre­cki­ge Klei­dung schon vor Ort ab­ge­holt, so wie für die JVA.

Au­ßer­dem wer­den in der Ca­ri­tas Werk­statt die Sa­chen aus der an­ge­glie­der­ten Ca­ri­tas Wohn­ein­rich­tung ge­rei­nigt. “Bei­de Be­rei­che neh­men je­weils etwa ein Drit­tel un­se­res Auf­trags­vo­lu­mens ein”, schätzt Chris­toph Lau. Hin­zu kom­men klei­ne­re ge­werb­li­che, kom­mu­na­le und pri­va­te Kun­den, die ihre Wä­sche in der Ber­li­ner Stra­ße abgeben.

Da­mit die Ar­beit in der Wä­sche­rei rei­bungs­los klappt, wer­den die Mit­ar­bei­ter vor­ab ent­spre­chend ge­schult. Zwei Jah­re lang dau­ert die Aus­bil­dung, so wie in den üb­ri­gen Ar­beits­be­rei­chen der St. Jo­han­nes­berg Werk­stät­ten auch. Für das je­wei­li­ge Ar­beits­feld ent­schei­den sich die Be­schäf­tig­ten selbst. “Wir er­ar­bei­ten das mit ih­nen, wo­hin sie wol­len”, sagt Chris­toph Lau. Die meis­ten Mit­ar­bei­ter sind dann lang­jäh­rig in ih­rem Be­reich tä­tig, so wie Mo­ni­ka Czi­lin­ski. “Neun Jah­re sind es in die­sem Jahr”, ver­kün­det sie stolz, ehe sie wie­der in den Wä­sche­korb greift.

Der ers­te Kuss war heimlich

Der ers­te Kuss war heimlich

Der ers­te Kuss war heimlich

Von Anja Hamm | Ora­ni­en­bur­ger Generalanzeiger

Bir­git Je­che und Klaus Theu­ring hei­ra­ten und be­wei­sen, dass geis­tig Be­hin­der­te selbst­be­stimmt le­ben können

Beetz/Kremmen | Den neu­en Na­men hat er schon mal schrei­ben ge­übt – Je­che. So wird Klaus Theu­ring ab heu­te hei­ßen, wenn er und sei­ne Freun­din Bir­git sich im Krem­me­ner Stan­des­amt das Ja-Wort ge­ben. „Je­che schreibt sich ein­fa­cher“, er­klärt der 48-Jäh­ri­ge die eher un­ge­wöhn­li­che Ent­schei­dung, den Na­men der Frau an­zu­neh­men. Die­sem gro­ßen Tag, an dem das Paar sei­nen Traum wahr­macht und hei­ra­tet, gin­gen vie­le Jah­re har­ter Ar­beit vor­aus. Nicht nur das Schrei­ben ha­ben sie in die­ser Zeit gelernt.

Klaus Theu­ring und Bir­git Je­che sind geis­tig be­hin­dert, von Ge­burt an we­gen früh­kind­li­cher Hirn­schä­den. Eine Schu­le ha­ben bei­de nie be­sucht. Bir­git Je­che, 42 Jah­re alt, ver­brach­te 25 Jah­re im Heim, Klaus 39 Jah­re, also weit­aus län­ger, bis bei­de der Som­mer­fel­der Ein­rich­tung 2007 den Rü­cken kehr­ten, um end­lich in eine ei­ge­ne Woh­nung zu zie­hen. Seit­dem füh­ren sie ein ei­gen­stän­di­ges, be­treu­tes Le­ben mit der Un­ter­stüt­zung des Ehe­paars Speck­mann, das den bei­den, gleich zu wel­cher Uhr­zeit, als ge­setz­li­che Be­treu­er zur Sei­te steht.

Dass die­se Men­schen hei­ra­ten, ist et­was Be­son­de­res“, sagt Hans-Joa­chim Speck­mann. Er und sei­ne Frau Bri­git­te ken­nen das Paar seit zehn Jah­ren und ha­ben sich da­für ein­ge­setzt, dass Bir­git Je­che und Klaus Theu­ring ei­nen selbst­be­stimm­ten All­tag füh­ren, wie es in ei­ner Ein­rich­tung nie­mals mög­lich ge­we­sen wäre. „Das Heim hat sich ge­gen den Aus­zug ge­sperrt“, sa­gen die Betreuer.

Und sie ha­ben das ers­te Tech­tel­mech­tel der bei­den mit­er­lebt. Im Jahr 2003 be­gann die ge­mein­sa­me Ge­schich­te von Bir­git und Klaus. Der breit­schult­ri­ge, ju­gend­lich wir­ken­de Mann mit den hel­len Au­gen hat­te ein Auge auf Bir­git, eine zu­rück­hal­ten­de und freund­li­che jun­ge Frau, ge­wor­fen. Klaus Theu­ring er­in­nert sich ge­nau an den ers­ten Kuss. „Der war heim­lich“, sagt er und lä­chelt ein we­nig. „Beim Gute-Nacht-Sa­gen hab ich Bir­git in ih­rem Zim­mer ge­küsst.“ Auf­ge­regt wa­ren die bei­den da­bei nicht, be­haup­ten sie. Für bei­de ist es die zwei­te Be­zie­hung. Weil sei­ne ers­te Freun­din fremd­ging, mach­te Klaus Theu­ring Schluss. Treue, sagt er, ist ihm wich­tig. Bir­git Je­che nickt zu­stim­mend. „Er ist lieb, hilfs­be­reit“, zählt sie auf, was sie an ih­rem Mann be­son­ders schätzt. „Er kann ko­chen“, fällt ihr dann noch ein. Sie selbst kön­ne ba­cken. „Aber ich ler­ne sie an“, schiebt Klaus Theu­ring hin­ter­her. Als sie ein­mal ge­mein­sam ei­nen Ku­chen mach­ten, ging das in die Hose, er­in­nert er sich. „Der Ku­chen war dann so hoch“, sagt Klaus Theu­ring und hebt die Hand über der Tisch­plat­te zum Spaß auf Au­gen­hö­he. Statt drei Eier hat­ten sie nur eins in den Teig gerührt.

Sie kön­nen sich pri­ma er­gän­zen“, be­stä­tigt Hans-Joa­chim Speck­mann. Bir­git Je­che ist im Le­sen und Schrei­ben fit­ter als ihr Mann, der hat ge­ra­de sein ers­tes Se­mes­ter im Schreib‑, Lese- und Re­chen­kurs an der Kreis­volks­hoch­schu­le ab­sol­viert. „Schrei­ben ist mir wich­tig“, be­tont er. Bei­de ma­chen ei­nen PC-Kurs, dazu kom­men vie­le Hob­bys, mit de­nen sie sich nach der Ar­beit in der Werk­statt St. Jo­han­nes­berg be­schäf­ti­gen: Chor und Mo­dell­ei­sen­bahn, Fit­ness, Hand­ar­bei­ten und E‑­Bike-Fah­ren. „Ich bin froh, dass ich selbst­stän­dig bin, dass ich mei­ne Ruhe habe“, sagt Klaus Theu­ring. „Wun­der­bar“ fin­det er es in der ei­ge­nen Drei-Zim­mer-Woh­nung, dem er­sehn­ten Rück­zugs­ort. „Die Hei­me sind prop­pe­voll“, er­klärt Speck­mann den Wunsch der bei­den nach Ruhe.

Die weicht heu­te der Auf­re­gung. Freun­de, Be­kann­te und Nach­barn wer­den zur Hoch­zeits­fei­er kom­men. Im grau­en An­zug mit wei­ßer Flie­ge führt Klaus Theu­ring Bir­git ins Stan­des­amt. Das lan­ge blaue Braut­kleid war zwar nicht ihr Traum­kleid, gibt Bir­git Je­che zu, die sich ein aus­la­den­des ge­wünscht hat­te. Aber das Blaue ge­fällt ihr den­noch, und sie kann es da­nach auch zu an­de­ren An­läs­sen tra­gen. Speck­mann macht deut­lich, dass die Ent­schei­dung auch nach prak­ti­schen Kri­te­ri­en ge­trof­fen wur­de: „Die bei­den be­zah­len die ge­sam­te Hoch­zeit selbst.“ 1200 Euro im Mo­nat ver­die­nen die Beet­zer zu­sam­men, da­von müs­sen sie ih­ren ge­sam­ten Le­bens­un­ter­halt be­strei­ten. Für eine Ur­laubs­fahrt im Jahr le­gen sie Geld zu­rück. Und in die­sem Jahr steck­ten sie ihr Ge­spar­tes in die Flit­ter­wo­chen – zehn Tage fah­ren sie an die pol­ni­sche Ostsee.

Und wel­che Träu­me hat das Paar für sei­ne Zu­kunft? Die Fra­ge macht bei­de nach­denk­lich, eine Ant­wort wol­len sie sich gut über­le­gen. „Dass wir glück­lich blei­ben“, sagt die Braut. „Dass wir bis ans Le­bens­en­de zu­sam­men blei­ben“, sagt dann Klaus Theu­ring, der sich auch wünscht, mit sei­ner Frau in ei­ner Welt zu le­ben, in der Frie­den herrscht. Kin­der aber kom­men ih­nen nicht ins Haus. „Um Got­tes Wil­len, nein!“, ruft sie und lacht da­bei. Kei­nes­wegs ha­ben sie et­was ge­gen Kin­der, aber: „Ich bin zu­frie­den, dass ich Tan­te bin“, sagt sie. „Und Klaus ist On­kel.“ Zwei Nef­fen ha­ben sie, drei und sie­ben Jah­re alt. Das reicht fürs Erste.

Jetzt den­ken bei­de nur an die Hoch­zeit, bei der die Gäs­te or­dent­lich pol­tern dür­fen – und fei­ern. Das Braut­paar wird das Fest tra­di­tio­nell mit ei­nem Tanz er­öff­nen. Dass sei­ne Frau nicht tan­zen kann, stört Klaus Theu­ring nicht: „Ich kann ja tanzen.“